Wege der Allgemeinmedizin

Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen
Since 10/2021 36 Episoden

Praxis, Wissenschaft und Politik - mit Ferdinand M. Gerlach

01.01.2022 34 min

Zusammenfassung & Show Notes

Allgemeinmediziner, Professor, Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität in Frankfurt, Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit – und begeisterter Handwerker? Unser heutiger Gast, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach ist eine prägende Persönlichkeit der Allgemeinmedizin in Deutschland. 
In dieser Podcastfolge gibt er uns nicht nur einen Einblick, wie er überhaupt Allgemeinmediziner geworden ist: Mit Marischa und Beate diskutiert er die politischen Fundamente seiner Arbeit und teilt neben seiner Vision für das Fach auch mit uns, wie er seine Motivation zum politischen Engagement beibehält. 

Shownotes:

Transkript

Music. Hallo, schön, dass ihr wieder dabei seid. Wir wollen ja mit unserem Podcast ganz viele verschiedene Wege der Allgemeinmedizin teilen und die bisherigen Folgen kamen mitten aus der Praxis. Heute wollen wir einen kleinen Exkurs in die politische und wissenschaftliche Ebene machen. Dafür haben wir Professor Ferdinand Gerlach zu Gast, der unter anderem das Institut für Allgemeinmedizin in Frankfurt leitet, als Vorsitzender des Sachverständigenrats Gesundheit der sogenannten Gesundheitsweisen, die Regierungen in Gesundheitsfragen berät und uns einen Einblick in seine persönliche Geschichte in die Allgemeinmedizin gibt. Beate und Marischa unterhalten sich mit ihm über die Entwicklung und die Professionalisierung der Allgemeinmedizin, über seine Vision für das Fach und er gibt uns auch einen Überblick über die berufspolitische Landschaft der Allgemeinmedizin, das heißt, wer macht da eigentlich was, wer ist wofür zuständig. Wir hoffen, die Folge gibt euch einen tieferen Einblick in die verschiedenen Dimensionen der Allgemeinmedizin. Viel Spaß beim Hören. Hallo und herzlich willkommen. Ich bin Marischa, Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Weiterbildung in Hessen und begleite seit vielen Jahren als Diplompädagogin Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung auf ihrem Weg zum Facharzt Allgemeinmedizin. Und heute sitzen wir hier zu dritt. Mit mir sitzt hier Beate. Ich bin Beate, ich bin Fachärztin für Allgemeinmedizin. Ich arbeite in Forschungsprojekten am Institut für Allgemeinmedizin hier in Frankfurt und in einer Hausarztpraxis. Und zu Gast ist heute bei uns Herr Gerlach. Herr Gerlach, ich glaube, Sie kennen sich selbst am besten. Stellen Sie sich doch einmal kurz vor. Ja, mein Name ist Ferdinand Gerlach. Ich bin Facharzt für Allgemeinmedizin und Gesundheitswissenschaftler. Also ich habe Public Health auch studiert und abgeschlossen. Und heute bin ich glaube ich hier, weil ich Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin bin und einer der Väter des Kompetenzzentrums Weiterbildung. Und wahrscheinlich werden wir im weiteren Verlauf noch drauf kommen, dass ich auch noch verschiedene andere Hüte aufhabe. Genau. Und ja, so viel erstmal zu meiner Person. Genau, die vielen verschiedenen Hüten, das ist ein gutes Stichwort. Wollen Sie einfach nochmal kurz anfangen, wie war denn Ihr Weg in die Allgemeinmedizin, wie kam es zu verschiedenen Hüten? Oh, das ist kein kurzer Weg gewesen, das ist ein sehr langer Weg. Also ich kann mich erinnern, als ich auf dem Gymnasium war und das so aufs Abitur zuging, da habe ich mich natürlich gefragt, was soll ich jetzt machen, was soll ich studieren. Das war klar, ich will was studieren, ich will raus aus dem kleinen Ort im Sauerland, wo ich aufgewachsen bin. Und damals gab es, kann ich mich noch genau daran erinnern, Blätter zur Berufskunde. Also das Arbeitsamt hatte für die Berufe, die es gab, für die klassischen, jeweils so eine kleine Broschüre zusammengestellt, wo dann drin stand, was man da macht, wie man da mit der Ausbildung sich qualifiziert, welche Berufsmöglichkeiten es gibt, was man verdient und all solche Dinge. Ich kann mich noch genau erinnern, ich hatte mir vier besorgt. Psychologie, Soziologie, Politologie und Medizin. Das war meine Auswahl. Also das war so das, was ich mir vorstellen konnte. Ich war schon damals, ich war Schülersprecher, war schon immer sehr interessiert an politisch-gesellschaftlichen Zusammenhängen und von daher lag mir das nahe. Und dann hörte ich zum Beispiel, dass die meisten fertigen Politologen als Taxifahrer tätig sind. Da habe ich gedacht, Politik ist super, aber Politologe vielleicht nicht. Wobei mein engster Freund, der ist tatsächlich Politologe geworden. Nein, Politologe und der ist jetzt Geschäftsführer einer Organisation, also der hat mehr draus gemacht als nur Taxifahrer. Aber für mich war dann Medizin deshalb interessant, weil es so viele Möglichkeiten bietet. Wenn man Medizin studiert, qualifiziert man sich ja sehr breit und ob man dann später in die Forschung geht, in die Entwicklungshilfe, ob man Chirurg wird oder Psychiater, ob man Kinderarzt wird oder eines der anderen Fachgebiete wählt und auch wie man dann später arbeitet, das kann man sehr flexibel und frei entscheiden. Das fand ich erstmal super, weil ich schon immer auch Generalist war. Und im Studium kam dann durch verschiedene Umstände die Idee, dass tatsächlich die generalistische Betrachtung…. Dieser Public-Health-Gedanke und das Nah-am-Patienten-Sein, eigentlich das ist, was ich wollte. Und deshalb habe ich dann Allgemeinmedizin gewählt, weil auch da wieder ganz, ganz viele Möglichkeiten bestehen. Ich bin nicht so eng und festgelegt wie zum Beispiel ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der guckt sein ganzes Leben in Hälse, Nasen und Ohren. Und in der Allgemeinmedizin habe ich ganz viele Möglichkeiten und das hat sich dann auch in meinem Leben tatsächlich bewahrheitet. Ich habe sehr viele verschiedene Dinge rechts und links gemacht. Es gab auch noch eine Person, als ich in Göttingen studiert habe, gab es dort Professor Eckhard Sturm, der war Honorarprofessor. Es gab zu der Zeit in ganz Deutschland überhaupt nur eine einzige Professur in Hannover. Aber der hat damals schon so aus seiner Praxis heraus einen wirklich praxisnahen Unterricht gemacht. Also in den anderen Fächern mussten wir die Grundlagen von Biochemie, Anatomie, Physiologie lernen und er hat schon in der Vorklinik gesagt, ihr müsst was Praktisches machen, dann haben wir genäht an Apfelsinen und Schweinefüßen, dann haben wir gegipst uns gegenseitig, dann hat er ganz viel von Familienmedizin erzählt und geschwärmt und das fand ich da auch schon super, also dieses Hands-on, dieses nah am Menschen, ja und das war dann ein weiterer Kick in Richtung Allgemeinmedizin. Genau, und so sind Sie dann Allgemeinmediziner geworden. Haben Sie direkt den Facharzt eigentlich angeschlossen? Damals war das ja noch nicht nötig. Also ich war immer sehr zielstrebig und ich habe auch auf direktem Weg sozusagen den Facharzt für Allgemeinmedizin erworben. Wobei der Weg dorthin schon etwas ungewöhnlich war. Also dieser besagte Professor Sturm, der meinte dann, Sie müssen als erstes in die Praxis. Nur dann wissen Sie, was Sie in der Praxis benötigen und dann können Sie sich das in der Weiterbildung anschließend gezielt holen. Der eigentliche Hintergrund war auch, dass er dringend jemanden braucht in der Praxis. Und dann war das tatsächlich so, ich wohnte in Bremen und am ersten Arbeitstag kam er tatsächlich von seinem Ort, wo er wohnte, im nördlichen Niedersachsen, angefahren, hat mich da abgeholt, mit zu seiner Praxis genommen und am ersten Tag Mittag saßen wir zusammen im Kirschbaum. Also das war wirklich so. Er wollte mir das schmackhaft machen, hat er auch geschafft und ich bin dann da ins kalte Wasser gesprungen und habe also zunächst, ich glaube drei oder vier Monate Allgemeinmedizin gemacht. Bin dann in der Chirurgie gewesen, dann in der Inneren, dann nochmal wieder in der Praxis und dann war ich relativ zügig nach damals vier Jahren und ein paar Monaten reif für die Facharztprüfung. Die habe ich dann auch gemacht. Ihre eigene Weiterbildungszeit ist ja nun schon lange her und so ich sie kennengelernt habe, waren sie schon immer Direktor dieses Instituts und vor allem ganz fest verankert in der Wissenschaft, in der Forschung und auch sehr politiknah, so wie ich sie erlebt habe. Wollen Sienochmal kurz skizzieren, was sie so nach der Weiterbildung zu dem Punkt heute gebracht hat? Also schon in der Weiterbildung habe ich immer Kontakt gehalten zur Universität Göttingen, wo es eben schon so ein kleines Institut, so eine Abteilung gab. Irgendwann wurde dort auch die zweite Professur in Deutschland eingerichtet. Und für mich war klar, sobald ich den Facharzt habe, will ich in die Wissenschaft. Und ich bin dann zur Medizinischen Hochschule Hannover gegangen und ich habe dann immer parallel in der Praxis gearbeitet und an der Abteilung Allgemeinmedizin an der Medizinischen Hochschule. Und dort habe ich dann eigene Projekte entwickelt. Ich habe mich mit Qualitätsförderung in der Praxis beschäftigt. Wir haben die ersten Qualitätszirkel in Deutschland etabliert, die ersten Leitlinien für die Praxis, später dann das erste Fehlerberichts- und Lernsystem für Hausarztpraxen. Und das waren alles Impulse aus dem Ausland. Also ich war viel unterwegs, war dann auch relativ früh in einer europäischen Arbeitsgruppe, die sich mit Qualität in der Allgemeinmedizin beschäftigt. Und da habe ich gesehen, was in anderen Ländern alles möglich ist. Zum Beispiel, dass die dort eine strukturierte Weiterbildung haben und wir nicht. Dass die dort an allen Universitäten, also Niederlanden, Großbritannien, Skandinavien verankert und vertreten sind und dass das Fach dort akzeptiert ist. Und das war für mich so die Vision, das was da geht, geht auch bei uns und es muss auch passieren, weil die Allgemeinmedizin als Disziplin, akademisch, aber auch in der Versorgung extrem wichtig ist. Und dann habe ich verschiedenste Dinge gemacht, die mir sinnvoll erschienen. Ich habe dann zum Beispiel Public Health studiert in Hannover, auch mit dem Aspekt, wie kann ich diese Dinge zusammenbringen. Ich habe mich methodisch weiterqualifiziert und dann war klar, ich werde die Habilitation anstreben und dann eine Laufbahn als Hochschullehrer und Forscher. Also das ist jetzt die Ultra-Kurzfassung, aber so ungefähr ist es passiert. Und dann habe ich, wenn Sie da weiter fragen, kann ich es auch schon gleich weiterführen, dann habe ich glaube 1998 habilitiert als einer der ersten in Deutschland, da gab es noch nicht viele und habe dann 2001 einen Ruf auf eine neu geschaffene Stiftungsprofessur für Allgemeinmedizin in Kiel angenommen und habe dort ein Institut für Allgemeinmedizin aufgebaut. Und 2004 bin ich dann nach Frankfurt gewechselt. Und jetzt sind Sie sogar auch im Sachverständigenrat Gesundheit. Als ich Medizin studiert habe war ich ja auch in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden sehr aktiv, auch als Präsidentin und habe damals die Gesundheitspolitik als sehr langsam und behäbig empfunden. Wie haben Sie sich denn so Ihren langen Atem bewahrt über die ganze Zeit und auch ihr Engagement, ich finde, dass ist schon irgendwie auch bewundernswert, w ie gesagt, ich fand das damals eher frustrierend auch. Also die Analyse ist erstmal richtig. Das ist enorm langsam. Das hängt auch damit zusammen, dass es erstens sehr viele Interessensgruppen gibt. Also denken Sie mal an pharmazeutische Industrie, Kliniken, Praxen, Krankenkassen, private und gesetzliche, alle möglichen Verbände. Das ist ein ganz, ganz dichtes Netzwerk von Interessen. Es geht außerdem um viel Geld. Je nachdem, wie man das rechnet, fast 400 Milliarden Euro pro Jahr geben wir für gesundheitliche Versorgung aus. Und es gibt eine ganz, ganz ausgefeilte Struktur. Wir haben ja zum Beispiel nicht einen Gesundheitsminister, sondern 17 in die 16 Bundesländern nochmal jeweils einen. Überall gibt es dann wieder Gremien. Die Selbstverwaltung ist äußerst komplex. Und das alles, weil es so komplex ist, weil so viele Interessen darin eine Rolle spielen, trägt dazu bei, dass es langsam ist. Es ist aber nicht so, dass es still steht. Und wir konnten eine ganze Menge auch schon bewegen. Also dass wir jetzt zum Beispiel über Kompetenzzentren Weiterbildung reden, das ist kein Zufall. Das ist Ergebnis langjähriger Arbeit. Oder auch die Entwicklung der Allgemeinmedizin ist enorm gewesen. Was da an Etablierungen in den Universitäten gelungen ist, ist geradezu sensationell. Ich gehe nochmal zurück an den Anfang. Als ich anfing, gab es in ganz Deutschland genau sieben wissenschaftliche Mitarbeiter, so wie ich einer war. Und ich meine, was ist heute daraus geworden? Unser Institut mit rund 60 Mitarbeitern, vier Professoren, das hätte ich damals noch nicht mal im Traum für möglich gehalten. Und wir haben jetzt an, ich glaube, 32 von 38 medizinischen Fakultäten Professoren und Professorinnen für Allgemeinmedizin. Das ist sensationell. Also insofern der Eindruck, es geht langsam, stimmt auf der einen Seite, aber in bestimmten Bereichen konnten wir auch enorme Entwicklungen machen und von daher hat mich das immer motiviert. Sie haben das auch eingangs, haben Sie sich vorgestellt als sogenannter Vater der Kompetenzzentren. Das ist ja jetzt einfach so dahingestellt, vielleicht braucht das noch ein bisschen Erklärung für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Ja, letztlich gibt es ja immer viele Väter. Ich war einer davon, das kann man glaube ich definitiv so sagen. Die ersten Ideen wurden übrigens in Baden-Württemberg geboren und dort gab es schon früh ein Kompetenzzentrum. Wir in Hessen haben dann nachgezogen, haben das auch ein bisschen anders noch entwickelt, aber im Prinzip sehr ähnlich. Und das waren aber so kleine Pilot- oder Leuchtturmprojekte. Und der eigentliche Durchbruch kam, als es uns gelungen ist, das im Gesetz, im Sozialgesetzbuch 5 zu verankern. Und das war ein langer, langer Kampf. Es gab auch eine ganze Menge Gegenwind. Und am Ende ist es aber mit vielen Argumenten und viel Überzeugungsarbeit gelungen. Und auf dieser gesetzlichen Basis wurden dann anschließend in ganz Deutschland Kompetenzzentren für die Weiterbildung etabliert. Das war der entscheidende Schritt. Dadurch haben wir die Perspektive, die Sicherheit, die Finanzierung und konnten das dann bundesweit ausrollen. Und bis auf Bremen und Brandenburg haben wir jetzt inzwischen überall funktionierende und sehr gut arbeitende Kompetenzzentren. Und dass wir heute hier sitzen, das ist ja auch ein Resultat des Ganzen. Das würde es alles nicht geben, wenn diese Pionierarbeit nicht geleistet worden wäre und wenn es nicht politisch durchgesetzt worden wäre. Ja, ich kann vielleicht auch nochmal sagen, für mich persönlich war es ja auch so, dass meine Weiterbildung unendlich viel schlechter war als die Bedingungen heute. Ich musste mich selber durchwurschteln. Es war damals so, dass man gar nicht sagen durfte, dass man, wenn man sich in der Chirurgie beworben hat, dass man Allgemeinmediziner werden wollte oder gar in der Inneren. Man musste sich da rein mogeln irgendwie und das war überhaupt nicht so, dass man da in einer Gruppe mit Selbstverständnis, mit Förderung materiell wie ideell rechnen konnte. Es war eigentlich immer gegen einen Widerstand. Also das hat mich schon mal sehr genervt und das wollte ich ändern. Und dann hatte ich ja parallel durch meine internationalen Kontakte gesehen, wie viel besser das in anderen Ländern organisiert ist. Und habe dann gesagt, das, was die da machen, das müssen wir auf Deutschland übertragen. Wir brauchen auch solche Strukturen. Und nur so kann man übrigens ein Fach entwickeln. Also wenn man die Ausbildung, die Weiterbildung gut macht, wenn man Menschen attraktive Bedingungen bietet, sie qualifiziert, dann wächst ein Fach und. Das war mir von Anfang an klar und deshalb war auch immer für mich die Kombination aus wissenschaftlicher Politikberatung und wissenschaftlichem Arbeiten und Praxis sozusagen das, was ich super fand. Also jedes für sich hätte mir zu wenig gewesen, aber die Kombination ist genau das, was mich fasziniert. Wenn man da so drauf schaut, hat man ja das Gefühl, Sie haben unglaublich viel erreicht und geschaffen auch irgendwie. Gab es denn auch Dinge, die nicht so gut geklappt haben? Irgendwelche Tiefschläge, an die Sie sich erinnern? Die gab es auch, wobei ich glaube, ich habe an vielen Stellen Glück gehabt vielleicht auch. Vielleicht habe ich es auch ausgeblendet, vor allen Dingen an die vielen Dinge erinnern, die wir irgendwie hingekriegt haben. Natürlich gab es auch mal Punkte, wo wir vor die Wand gelaufen sind. Das habe ich übrigens gelernt und das knüpft ein bisschen an an Ihre Einschätzung am Anfang, dass Gesundheitspolitik und wissenschaftliche Politikberatung erst recht das Bohren dicker Bretter bedeutet. Gerade in Deutschland. Deutschland, ja. Aber auf der anderen Seite, ich hatte ja schon ein paar Beispiele genannt, es geht, wenn man beharrlich ist, wenn man auch mit vielen Menschen gemeinsam an einem Strang zieht, dann kann man auch was erreichen. Und was ist Ihre Motivation, dabei zu bleiben, dicke Bretter zu bohren, den langen Atem zu haben, was motiviert Sie? Also erstmal macht mir das Spaß, mir, ich sag mal, Ziele zu überlegen und die dann anzustreben, also was zu gestalten. Das finde ich sehr gut, vor allen Dingen, wenn es klappt, dann habe ich daran eine große Freude. Wenn es dann umgesetzt ist, dann wird es für mich schnell langweilig, das muss ich zugeben. Also ich mache gerne was Neues. Was Neues entdecken finde ich gut. Und mir wäre das ehrlich gesagt zu langweilig, jeden Tag das Gleiche zu machen. Und von daher nehme ich gerne so Inspirationen auf, auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Institut. Insbesondere wenn Leute begeistert sind für das, brennen für das, was sie wollen, dann unterstütze ich das auch gerne. Also ich, sehe meine Aufgabe jetzt inzwischen mehr darin, Sachen möglich zu machen, Türen zu öffnen, Menschen zu fördern. Ja, und das ist, finde ich, der schönste Teil meiner Arbeit. Wenn ich dann sehe, dass was klappt, dass Leute sich begeistern, dass etwas besser wird, dass die Welt ein klein bisschen besser wird, dann freue ich mich und das ist, glaube ich, meine Hauptmotivation. Und gibt es auch Zeiten oder Orte, wo die Arbeit nicht hinkommt bei Ihnen? Gibt es auch, ja. Also ich habe auch noch ein Privatleben. Das ist in der Vergangenheit häufiger mal zu kurz gekommen, weil ich immer sehr viele Sachen gleichzeitig gemacht habe. Aber wenn Sie mich jetzt nach Hobbys und Freizeitgestaltung fragen, also ich mache zum Beispiel gerne was mit den Händen. Also normalerweise bin ich ja eher Kopfarbeiter, aber ich finde es super, was zu basteln. Handwerklich mache ich eine ganze Menge. Ich habe mir gerade diese Woche einen großen Satz sogenannter Forstnerbohrer besorgt. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was das ist. Nein. Das sind Spezialbohrer, mit denen man Löcher unterschiedlicher Größe hochpräzise bohren kann. Und sowas finde ich zum Beispiel super. Wahrscheinlich werde ich die gar nicht alle brauchen in meinem Leben. Aber ich habe jetzt gerade so eine Aufgabe und da macht mir das großen Spaß, was zu tun. Vor allem, weil ich dann am Ende sehe, was ich mit den Händen geschaffen habe. Das ist beim Arbeiten in der Wissenschaft nicht immer so klar. Sie bauen bestimmt ein Insektenhotel. Das ist schon erledigt. Ja und ansonsten, ja jetzt habe ich gerade ein E-Bike entdeckt. Das ist wunderbar, oder? Das ist super. Dann macht auch Fahrradfahren in Marburg Spaß. Genau, Marburg, ich wohne ja privat in Marburg, da sind hauptsächlich Berge und dafür ist das wirklich gut. Und da kann ich vielleicht noch erläutern, das war auch eine Baustelle, die ich bis heute, schon sehr lange, aber bis heute so ein bisschen beackere. Ich war einer der ersten Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Windenergie und habe die ersten Windenergieanlagen in Deutschland mit projektiert, wirklich. Einen kleinen Windpark mit Freunden zusammen und da auch mehrere Ärzte, mit denen ich damals in der Weiterbildung war, gebaut. Inzwischen habe ich eine Photovoltaikanlage, fahre Elektroauto und E-Bike, also versuche zumindest auf der Ebene so einen Teil auch an nachhaltiger, Verantwortung zu übernehmen. Ist übrigens auch ein Thema unseres nächsten Gutachtens im Sachverständigenrat. Da arbeiten wir an Resilienz des Gesundheitssystems, nicht nur bezogen auf die Pandemie, sondern auch auf Klima und seine Folgen. Und das ist jetzt so ein Beispiel für neue Themen, die mich auch faszinieren, wo ich dann auch gerne Ideen entwickle und gucke, wie könnte man auch aus der Perspektive der Allgemeinmedizinda einen guten Beitrag leisten. Sie hatten ja schon mal so einen kurzen Schwenk in die Vergangenheit gerade gemacht und auch berichtet, wie sich das so Allgemeinmedizin und Forschung entwickelt hat. Was wäre denn so eine Vision für die Allgemeinmedizin, so Ihre persönliche Vision? Diese Vision ist nicht nur meine persönliche, glaube ich, sondern die knüpft natürlich zunächst mal an dem, was Allgemeinmedizin überhaupt ausmacht. Und wenn man sich klar macht, was das Besondere an dem Fach ist, dann kann man daraus nach meiner Meinung eine Vision entwickeln. Also ich beziehe mich auf Barbara Starfield, die ja Kriterien guter hausärztlicher Versorgung oder Primärversorgung beschrieben hat und die finde ich auch genau essentiell. Also das ist einmal die langfristige Arzt-Patient-Beziehung. Da gibt es inzwischen übrigens auch schöne Studien, die zeigen, wie wichtig Kontinuität gerade bei chronisch Kranken in der Versorgung ist. Das zweite, was die Allgemeinmedizin auszeichnet, ist die leichte Zugänglichkeit. Wir als Allgemeinmedizin, als Hausärzte sind eben sehr nah an den Menschen. Also man kann ohne Vorselektion mit allen Problemen mehr oder weniger hingehen und das ist sozusagen der Außenposten unseres Gesundheitssystems. Flächendeckend in Deutschland 60.000 Hausärzte stehen für die Versorgung zur Verfügung. Und gerade in der Pandemie hat man gesehen, wie wichtig gerade diese Funktion war. Dann kommt eine Sache dazu, dass nämlich Hausärzte umfassend die meisten gesundheitlichen Probleme behandeln. Also gerade wenn man daran denkt, dass wir 72 verschiedene Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen haben, die die Bundesärztekammer führt und die Medizin immer subspezialisierter wird, braucht es umso nötiger jemand, der die Puzzlestücke wieder zusammensetzt, den Überblick behält und den Patienten vor zu viel und falscher Medizin schützt. Und da kommt der nächste Punkt, Koordination, also die Koordination von Patienten, die multimobile sind, zu verschiedenen Fachärzten gehen, im Krankenhaus waren, zum Physiotherapeuten, zum Kardiologen und so weiter. Das ist auch eine hausärztliche Kernaufgabe. Und dieses Konzept, was schon lange existiert, wurde jetzt auch in den letzten Jahren erweitert. Zum einen kommt jetzt die Digitalisierung hinzu, also die digitale Vernetzung und ihre Möglichkeiten, dann Aspekte von Qualität und Sicherheit und um es auf den Punkt zu bringen, für mich ist die Hausarztpraxis der Zukunft eine Teampraxis, in der Ärztinnen und Ärzte nicht alleine arbeiten in der Regel, sondern mit mehreren zusammen, auch Fachärzte. Pflegekräfte, Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis, vielleicht noch ein Psychotherapeut, ein Pflegedienst und eine Palliativcare-Station, also lokale, regionale Primärversorgungszentren, Gesundheitszentren, die die Versorgung der Zukunft sicherstellen. Die wiederum digital vernetzt sind mit Kliniken in der Region, vor allen Dingen aber mit Zentren, mit Unikliniken, mit Kompetenzzentren. Und diese Art von vernetzter digitaler Medizin, gleichzeitig aber wohnortnah mit ganz starker Betonung des langfristigen Arzt-Patienten-Kontaktes, das sind so Elemente einer Vision. Und ich glaube auch deshalb daran, dass das die Zukunft sein wird, weil das exakt nach meiner Wahrnehmung den Präferenzen der jetzt nachrückenden Generation entspricht. Man arbeitet nicht alleine, man arbeitet im Team. Man kann Teilzeit arbeiten, man kann angestellt arbeiten, man kann auch an einem anderen Ort wohnen, meinetwegen in der Stadt wohnen und in einem eher ländlich gelegenen Primärversorgungszentrum arbeiten. Also es gibt viele Dinge, die sich da wesentlich besser umsetzen lassen als in einer Einzelpraxis. Es wird weiter Einzelpraxen geben, aber die werden es aus verschiedensten Gründen schwer haben. Also ich habe das jetzt aus meiner Sicht beschrieben. Was sind denn Ihre Erfahrungen mit den Ärzten in Weiterbildung, die Sie im Kompetenzzentrum, in den Seminaren und in den Mentoring-Gruppen treffen? Ich glaube, das passt schon ganz gut. Einfach viele Themen, die junge Ärztinnen und Ärzte aus meiner Sicht sehr beschäftigen, sind natürlich Vereinbarkeit, Familie und Beruf, möglichst viel Flexibilität, eben auch mal unabhängig sein können und auf die verschiedenen Gegebenheiten des Lebens reagieren zu können, aber gleichzeitig eben auch das, was Sie beschrieben haben, viele gehen in die Allgemeinmedizin, weil sie diesen Arzt-Patienten-Kontakt sehr schätzen, die Langfristigkeit der Beziehung. Also das sind alles Punkte, die sollen eben nicht verloren gehen. Das, was die Allgemeinmedizin ausmacht. Aber von den Rahmenbedingungen sollte es möglichst moderner, sag ich mal in Anführungsstrichen, werden. Also so, dass es mehr auf flexible Lebenswelten und Vielfalt eingehen kann. Und ich glaube, Ihre Vision trifft da schon ganz viel. Also dass es wirklich auch attraktiver werden kann, für die nachfolgenden Generationen Allgemeinmedizin zu machen. Und wir haben ja in der Allgemeinmedizin, die wird ja immer weiblicher, wir haben ja etwa 70 Prozent Frauen in der Weiterbildung. Und gerade da spielen natürlich die Themen wie Familie, Flexibilität etc. eine große Rolle. Und ich persönlich würde mir wünschen, dass das nicht nur in Richtung Angestelltenverhältnis geht, sondern dass trotz allem das Thema Selbstständigkeit, eigene Niederlassung eine Rolle spielen kann. Natürlich in einem Team, in der Gemeinschaft. Aber dass wir nicht dahin kommen, dass es nur noch ein Angestelltenverhältnis ist, sondern dass sich junge Ärztinnen, ich sage jetzt bewusst Ärztinnen, auch dazu entscheiden und sich das zutrauen, die Niederlassung zu wagen und Familie im Hintergrund zu haben. Das wäre so meine Vision, wenn ich das noch ergänzen darf. Kann ich hundertprozentig unterschreiben. Wobei es ja immer auf die individuelle Lebenssituation ankommt. Man bindet sich damit ja an einen Ort. Man braucht dann zum Beispiel auch flexible Modelle, wo man auch, wenn man sowas macht, sich darauf einlässt, gegebenenfalls mit dem Partner, der vielleicht in eine andere Region ziehen muss, mitgehen kann. So dass man zum Beispiel Anteile an so einer Rechtsform auch wieder abgeben kann, wo es Junior-Partnerschaften gibt, die einem so ein langsames schrittweises Einsteigen ermöglichen. Da gibt es auch Modelle, wie man quasi mit Arbeit dann auch seinen Anteil erwirbt. Ohne, dass man sich gleich im sechsstelligen Bereich verschulden muss. Also ich denke, dass attraktive Angebote zur Niederlassung, zur Selbstständigkeit auf jeden Fall auch auf einen Bedarf treffen, weil viele trauen sich nicht, weil sie nicht genau wissen, was verbindet sich damit eigentlich und da muss man so ein bisschen Brücken bauen. Es gibt ja das Konzept der Fahrschulpraxen, in Thüringen wird das gemacht, da stellt die KV die Räume bereit und das Personal und dann fangen die Leute an, ihre Erfahrungen zu sammeln und nach einer Weile zeigen die denen dann die Abrechnung und sagen so, das hätten sie jetzt verdient, wenn sie selbstständig gewesen wären. Und dann sieht man, das ist eigentlich deutlich mehr und dann können sie schon besser einschätzen, wie so eine Praxis funktioniert und können sich dann überlegen, ob sie diesen Schritt gehen möchten. Ja, ich denke, das ist auch wirklich gerade dieser Managementaspekt ist etwas, was in der Weiterbildung im Moment noch zu kurz kommt, relativ kurz, weil man ja vor allem eben das Klinische lernt, so das Handwerk, wie gehe ich in der Sprechstunde mit dem Patienten um, wie verfolge ich vielleicht auch die Diagnostik weiter. Aber dann die Abrechnung ist ja meistens doch, da hat man nicht so die Möglichkeit, auch in die Karten zu gucken, je nachdem, wie der Weiterbilder oder die Weiterbilderin so gestrickt ist. Und deswegen finde ich dieses Konzept der Fahrschulpraxen total gut und ich glaube auch, dass das Anklang finden wird. Also ich setze mich ja außerdem dafür ein, dass unser Abrechnungssystem grundlegend reformiert wird. Das ist viel zu unflexibel, viel zu kompliziert und auch gerade gegenüber der sprechenden Medizin nicht fair. Und das führt mich jetzt nochmal zum weiteren Gedanken, was die Vision angeht. Die Praxis ist natürlich nicht alleine. Also wir müssen heute viel mehr als früher sektorenübergreifend denken. Also diese Mauer zwischen Praxen und Kliniken muss weg. Wir müssen viel mehr ambulant machen. Berufsgruppen, Professionen unterschiedlicher Art müssen mehr im Team zusammenwirken. Und wenn man das alleine sich vorstellt, wie das aussehen könnte, dann kommt man in Richtung Versorgungsnetze. Also nicht nur eine Praxis mit mehreren Mitarbeitern und Aufgaben, sondern diese Praxis ist Teil eines Netzes. Das ist so ein bisschen meine Vision fürs Gesamtsystem. Also wir beraten ja als Sachverständigenrat, Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat auch. Und ich hoffe, dass sich diese Gedanken da durchsetzen. Eine ganze Menge Leute haben schon verstanden, dass wir so nicht weitermachen können und dass es da auch Veränderungen geben muss. Also auch da bin ich vorsichtig optimistisch, dass sich unser Gesundheitssystem langsam in diese Richtung bewegt. Wir haben jetzt wunderbar ganz viel über Visionen geredet und das ist ja auch ganz wichtig, wenn man was erreichen will, erstmal eine Vision zu haben. Aber jetzt im zweiten Schritt ist ja wichtig, wie geht man es dann an, wenn man so eine Vision in die Realität umsetzen will? Wie kriegt man da den Switch, gerade jetzt auch in Bezug für junge Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, die natürlich noch ganz nah am Patienten dran sind? Was gibt es da vielleicht für Ideen, wie kann man da Visionen mitgestalten? Beate, ich frage dich jetzt einfach mal, du bist ja auch junge Fachärztin, du bist gleichzeitig hier im Institut, hast du eine Idee? Also ich denke, es kommt immer so ganz darauf an, was für Themen man hat, die einen beschäftigen. Also zum Beispiel gerade eben hatten wir ja schon das Thema Klimawandel und Gesundheit. Das ist was, da kann man ja zum einen irgendwie politisch aktiv werden, aber man kann das Ganze auch von wissenschaftlicher Seite angehen. Das ist zum Beispiel ein Thema, was mir sehr am Herzen liegt und was ich in Zukunft noch mehr bearbeiten möchte. Und dafür eignet sich eben zum Beispiel so eine Tätigkeit an unserem Institut ja auch sehr gut. Da kann man so auch seine eigenen Schwerpunkte setzen, weil ganz davon abgesehen, dass man keine Nachtdienste hat, was ja auch sehr attraktiv ist. Und ich finde, dass man so da seine eigenen Ideen auch wirklich immer sehr gut einbringen und entfalten kann. Also ich würde hier, wenn ich jetzt mal an die nachfolgenden Generationen denke, mehrere Wege unterscheiden wollen. Das eine ist, ich mache jetzt nur meine Praxis, meine Weiterbildung und versorge meine Patienten. Das ist für viele ja schon eine Menge, vor allen Dingen, wenn man Kinder hat und Familie und so weiter. Wer aber mehr machen möchte, hat eigentlich sehr viele Möglichkeiten. Das eine wäre, dass er sich berufspolitisch engagiert, zum Beispiel im Hausärzteverband. Der Deutsche Hausärzteverband ist ja quasi die berufspolitische Kampftruppe, wo wir sehr froh sind, dass wir die haben, weil die kämpfen sozusagen für bessere Bedingungen, bessere Honorare, verhandeln Verträge, entwickeln die hausarztzentrierte Versorgung weiter und so fort. Dann gibt es die wissenschaftliche Schiene. Unser Institut macht das tagtäglich. Forschung, Lehre, Weiterbildung. Und dann gibt es auch die wissenschaftliche Fachgesellschaft, die DEGAM, die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Da kann man sich auch engagieren. Und dann kann man, und das ist ein bisschen das, was mich fasziniert hat und was ich mache, auch wissenschaftliche Politikberatung machen. Also ich bin kein Politiker und ich bin auch in keiner Partei, aber ich berate Politiker, Institutionen, Krankenkassen, Verbände, die Regierung etc. Mit wissenschaftlichen Analysen und Argumenten bezüglich der Umsetzung der Vision, über die wir gerade gesprochen haben. Und das ist, finde ich, auch eine super spannende Aufgabe. Hier geht es darum, Wissenschaft so aufzubereiten und auch so verständlich zu erklären und auf das Problem anzuwenden, damit dann etwas in Gang kommt, möglichst in die richtige Richtung. Und diese verschiedenen Bereiche, die ich jetzt genannt habe, also Berufspolitik, Wissenschaft, wissenschaftliche Politikberatung, das sind alles Möglichkeiten, etwas mitzugestalten und zu verändern. Darüber hinaus gibt es ja noch die ärztliche Selbstverwaltung. So als Nichtärztin fand ich das am Anfang total faszinierend, dass Ärzte in Landesärztekammer und KV ja ganz viel ihrer Arbeitsbedingungen auch direkt mitgestalten. Unter der Überschrift Berufspolitik, da gibt es eben die Möglichkeit in der Kammer zu arbeiten. Die Kammer ist die Vertretung eines freien Berufes. Ärzte sind Freiberufler, auch wenn sie im Krankenhaus angestellt arbeiten übrigens. Und die Kammer kann als mittelbare Staatsverwaltung subsidiär bestimmte Dinge festlegen. Zum Beispiel die Weiterbildung, also die Spielregeln. Und die machen auch die Prüfung und die Anerkennung. Und die KVen, die Kassenärztlichen Vereinigungen, sind eine Besonderheit. Die gibt es nur in Deutschland in dieser Form. Sie sind eben die Körperschaften, die alle Vertragsärzte vertreten. Das sind die Ärzte, die eine Zulassung zur Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten haben. Und da die meisten Menschen in unserem Land gesetzlich krankenversichert sind, nämlich 90 Prozent ungefähr, haben die KVen eine ganz wichtige Rolle. Sie organisieren diesen Prozess, sie sorgen dafür, dass die Regeln eingehalten werden, sie machen die Abrechnung, Qualitätsprüfungen etc. Und unter anderem, das ist jetzt auch wichtig für die zuhörenden Ärzte in Weiterbildung, ja auch die Niederlassungsberatung. Die KVen unterstützen junge Ärztinnen und Ärzte, beraten sie und fördern die Niederlassung und sind insofern ganz wichtige Ansprechpartner, wenn man selbstständig in der Praxis arbeiten möchte. Ja, jetzt haben wir nochmal ganz viele Ideen gesammelt, wie man denn aktiv werden kann und wie man vor allem mitgestalten kann. Haben Sie vielleicht noch eine Lebensweisheit, die Sie unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mit auf den Weg geben wollen? Ich habe, glaube ich, zwei Sachen, die ich gerne an der Stelle erwähnen würde. Also das eine ist, das rate ich auch übrigens allen Studierenden, hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Egal, welche Entscheidung Sie treffen, welche Stelle Sie annehmen, das Bauchgefühl ist ganz, ganz entscheidend. Also man kann nicht gegen einen inneren Widerstand, einem schlechten mulmigen Gefühl dauerhaft etwas gut und erfolgreich machen. Da gibt es übrigens auch wissenschaftliche Studien darüber, dass dieses Gefühl verschiedenste Dinge integriert, die wir nicht unbedingt mit Worten benennen können. Und ich finde, man kann sich rational alles mögliche überlegen, was gut und richtig und wichtig wäre und warum das richtig wäre. Aber letztlich sollte man das Bauchgefühl auf jeden Fall berücksichtigen. Und wenn man sich nicht sicher ist, würde ich da sogar sagen, sollte das den Ausschlag geben. Also das ist eine Sache. Man muss ein gutes Gefühl haben. Und das zweite, das ist eine Sache, die ich von einem Vorbild, was ich tatsächlich schon vor langer Zeit kennengelernt habe, übernommen habe, das war Richard Krohl, das ist quasi der Nestor der Qualitätsförderung in der Allgemeinmedizin in Europa, wenn nicht in der Welt. Und der hat diese europäische Arbeitsgruppe für Qualität in der Allgemeinmedizin geleitet. Das ist eigentlich ein Psychologe, der sich aber in Holland als Professor an einer medizinischen Fakultät durchgesetzt hat. Das ist allein schon eine Sensation und der ist der unumstrittene und absolut anerkannte Experte in diesem Bereich. Und der hatte immer bei den Treffen so einen Bildschirmschoner, Quality will win. Ich habe das so für mich übersetzt, Qualität setzt sich durch. Und das habe ich dann auch übernommen als Bildschirmschoner und aber auch als Prinzip. Und ich glaube daran, dass wenn man von etwas überzeugt ist, ein Ziel verfolgt, was einem wichtig ist und das mit aller Kraft und allen Qualitäten, die man einbringen kann, tut, dass man dann auch erfolgreich ist. Also Qualität setzt sich durch. Und wenn man das noch mit einem guten Bauchgefühl verbindet, dann kann man unglaublich viel schaffen. Also es geht nicht alles, das ist ja klar, aber unglaublich viel. Und das ist aus meiner Sicht mein persönliches Lebensmotto, wenn ich das mal so zusammenfassen will. Vielen Dank. Sehr gerne. Wenn euch die Folge gefallen hat, freuen wir und wenn ihr sie mit Kolleginnen und Kollegen teilt und abonniert. Ihr findet uns auch auf Social Media und zwar auf LinkedIn und Instagram. Das war eine von zwei Folgen, die sich mit den übergreifenden Strukturen des Fachs Allgemeinmedizin beschäftigen. Und in der nächsten Folge werden wir bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zu Gast sein, wo es unter anderem um das Thema Niederlassung gehen wird. Music.