ZenCast

Sven Precht

! auf ZENdung ! (Weihnachten 2023)

Eine Weihnachtsgeschichte für 2023

09.12.2023 54 min

Zusammenfassung & Show Notes

Ich habe mal ein Foto gesehen - von einem in perfekter Sitzhaltung meditierenden Zen-Meister. Ich weiß nicht: Das hat irgendwie mein Leben verändert.

Dezember. Ein trüber und irgendwie trostloser Nachmittag im Dezember. Er machte sich auf den Weg. Durch die Wohnungstür und die Treppe hinunter. Durch die Haustür und auf den Gehweg. Nach links die Straße entlang. An der nächsten Ecke wieder nach links und dann immer geradeaus. Über mehrere Kreuzungen hinweg, bis er vorne das Grün des Stadtparks erblicken konnte. Er wollte sich auf den Wegen des Parks verlaufen. Einfach immer weiter laufen. Um sich abzukühlen. Um zur Besinnung zu kommen. Um sich selbst zu finden. Ja, irgendwie hatte er das Bedürfnis, sich selbst zu finden. Er wusste oft nicht mehr, wo ihm gerade der Kopf stand. In den letzten Tagen war einiges zusammen gekommen. Er war mit zwei Kollegen aneinander geraten. Nichts Schlimmes. Sie waren laut geworden. Sie waren alle etwas hitzköpfig gewesen. Und sie hatten sich bald wieder ausgesprochen. Trotzdem hatte es ihm leid getan. Es hätte nicht so weit kommen müssen. Er konnte selber nicht verstehen, warum er gleich so ausgetickt war. Die Anlässe waren nichtig gewesen. In dem einen Fall ging es um eine Nachricht, die sein Kollege Bernd ihm nicht weiter geleitet hatte. Vergessen. Im anderen Fall hatte Tobias seine Kamera ausgeliehen und anschließend den Akku nicht wieder aufgeladen. Läppisch. So etwas war ihm selbst auch schon geschehen. Mehrmals. Trotzdem war er wütend geworden, hatte seine Stimme erhoben, während er sich gleichzeitig blöd vorkam. Er konnte sich selbst dabei zusehen, wie er überreagierte. Und das war ihm peinlich. Deshalb hatte er das Gefühl, an die frische Luft und lange laufen zu müssen. Er wollte wieder zu sich kommen. Er wollte sich selbst wieder finden. Jenen Menschen, den er als sich selbst kannte - der in sich ruhte und den so schnell nichts aus der Ruhe bringen konnte. In sich ruhen. Ihm gingen viele unterschiedliche Formulierungen durch den Sinn. Entscheidend aber war, dass etwas aus dem Lot geraten zu sein schien. Und dass er alles wieder ins Lot bringen wollte. Irgendwie.

Man muss auch nicht immer über Zen sprechen, um Zen zu praktizieren. Das ist eine Einsicht, zu der ich auch irgendwann gekommen bin.