! auf ZENdung ! (ZenSpot: Frieden)
Kein äußerer Friede ohne inneren Frieden
06.07.2023 5 min
Zusammenfassung & Show Notes
Ich habe mal ein Foto gesehen - von einem in perfekter Sitzhaltung meditierenden Zen-Meister. Ich weiß nicht: Das hat irgendwie mein Leben verändert.
Es geht um Frieden. Das habe ich bereits mehrfach betont. Und ich werde nicht müde, es immer wieder neu zu betonen. Es geht um Frieden. Um äußeren Frieden und mehr noch um den inneren Frieden. Der innere Frieden ist die Voraussetzung für den äußeren Frieden. Das scheint auf der einen Seite klar zu sein. Und dennoch ist die Sache nicht so einfach. Denn es gibt nicht wenige Menschen, die keinen inneren Frieden finden. Und da hilft auch das Meditieren nicht unbedingt weiter. Wenn die äußeren Umstände nicht danach sind, kann ich noch so viel Achtsamkeit üben und lange atmen, es ändert doch nichts. Ich muss an die jüngsten Krawalle in Frankreich denken. Aus der französischen Presse konnte ich so viel entnehmen, dass fast sämtliche Städte - ob groß oder klein - irgendwie mit betroffen waren. Ein wütender Mob - und jetzt stocke ich schon. War es bloß ein Mob? Es waren hauptsächlich jüngere Menschen, die Autos und Schulen in Brand gesteckt haben. Es waren Jugendliche, die so dermaßen viel Wut in sich trugen, dass sie nur noch zerstören wollten. Sicher nicht alle, die an den landesweiten Unruhen beteiligt waren. Und es waren auch jüngere Leute, gewaltbereite Männer, die nur auf eine Gelegenheit gewartet haben, um es der Polizei und den Offiziellen mal wieder so richtig zu zeigen. Da hat sich eine Wut entladen, eine fast schon kollektive Wut. Die Franzosen - auch hier wieder zu allgemein formuliert: Die französischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Journalisten und sonstigen Kommentatoren wissen das selbst und brauchen keine klugen Ratschläge von außen, schon gar nicht von den deutschen Nachbarn, die ähnliche Probleme haben. Ich habe heute einen hilfreichen Artikel in der Zeit gelesen. Der Autor Hasnain Kazim spricht über Menschen, die in Ostdeutschland leben und die Partei "Afd" wählen, weil sie sich von allen anderen Parteien und Politikern nicht ernst genommen, nicht gesehen und gehört fühlen. Diese Menschen tragen ebenfalls eine Wut in sich und bringen das teilweise laut und grob zum Ausdruck. Das ist richtig. Doch ihre Wut fiel nicht einfach vom Himmel, sondern hat auch etwas mit unserer arroganten, selbstgefälligen und moralin-sauren Einstellung in politischen und gesellschaftlichen Dingen zu tun. Wir müssen miteinander reden und Fragen klären, Spannungen abbauen, aufeinander zugehen, sonst fliegt uns der ganze Laden irgendwann um die Ohren. Mit dem ganzen Laden meine ich unsere Gesellschaft, aber auch unser eigenes Innenleben. Denn der innere Friede setzt wiederum etwas anderes voraus: Wir sind keine isolierten Einzelwesen, sondern leben in einer Gemeinschaft oder besser: in mehreren Gemeinschaften, in einer komplexen und vielstimmigen Gesellschaft. Es ist nicht immer leicht, die Fassung zu wahren und vor allem den Überblick zu behalten. Einfach nur auf einer Matte sitzen und atmen, das reicht sicher nicht. Wir müssen auch miteinander klar kommen - mit unserem Partner, mit unseren Kindern, mit unseren Freunden und Kollegen, mit unseren Nachbarn und mit unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Wir brauchen uns nicht vorschreiben zu lassen, auf welche Weise wir zu leben und zu sprechen haben, wir müssen keine Klimaaktivisten oder Gendersklaven werden. Doch wir sind zweifellos gut beraten, wenn wir einander zuhören, unseren Ärger kanalisieren und Argumente suchen und finden, mit denen wir nicht nur die anderen überzeugen, sondern eine Sache auch für uns selbst verständlicher machen können. Dann haben wir eine Chance, den inneren Frieden wieder zu finden. Und wenn wir unseren inneren Frieden hergestellt haben, brauchen wir nicht mehr mit der Brechstange auf unsere Mitmenschen losgehen, nur weil sie eine andere Meinung, eine andere Hautfarbe, eine andere Auffassung von Zusammenleben und so weiter haben. Dann können wir uns an den Unterschieden vielleicht auch einfach nur freuen.
Man muss auch nicht immer über Zen sprechen, um Zen zu praktizieren. Das ist eine Einsicht, zu der ich auch irgendwann gekommen bin.