BJA PODCAST

BERATUNG JUDITH ANDRESEN

Agilität lernen (Judith Andresen, Prof. Dr. Kerstin Mayrberger & Stefan Hilmer)

Prof. Dr. Kerstin Mayrberger und Stefan Hilmer diskutieren im BJA-Podcast die Umsetzung agiler Lernmethoden an Hochschulen, betonen Empowerment, positive Fehlerkultur und die Integration von Big Room Planning in die Semesterplanung.

14.11.2024 36 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Episode des BJA-Podcasts diskutiere ich mit Prof. Dr. Kerstin Mayrberger und Stefan Hilmer das zentrale Thema des Lernens in agilen Kontexten an Hochschulen. Kerstin, eine erfahrene Hochschullehrerin mit Fokus auf digitale Transformation, und Stefan, ein ehemaliger Ingenieur und jetzt Professor für Agilität, bringen ihre Perspektiven ein, um zu ergründen, wie wir Agilität in Bildungseinrichtungen effektiv umsetzen können. Wir starten mit den Grundlagen: Was bedeutet es, agil zu lernen und agil zu arbeiten? Ich hebe hervor, dass es entscheidend ist, sowohl das agile Arbeiten als auch die Methode des agilen Lernens zu verstehen. Kerstin betont die Rolle des Empowerments im Lernprozess, während Stefan durch seine Erfahrungen in der Praxis herausstellt, wie wichtig es ist, Agilität nicht nur zu vermitteln, sondern auch aktiv zu erfahren. Diese Sichtweise stößt den Dialog darüber an, wie Lernende und Lehrende gleichermaßen auf eine agile Denkweise zugreifen und diese in größere Zusammenhänge einbetten können. Das Thema Fehlerkultur wird ebenfalls eingehend diskutiert. Ich unterstreiche, wie notwendig es ist, eine Umgebung zu schaffen, in der Fehler nicht mit Schuld und Versagen assoziiert werden. Stefan fügt hinzu, dass es in der Hochschullandschaft oft an systemimmanenter Fehlertoleranz fehlt, besonders in Prüfungssituationen, was das agile Lernen erschwert. Wir kommen überein, dass eine Anpassung der Prüfungsformate erforderlich ist, um den Anforderungen agiler Methoden wirklich gerecht zu werden und kreative Lösungsansätze zu fördern. Im weiteren Verlauf sprechen wir über die Herausforderung, die Hierarchien zwischen Lehrenden und Lernenden in den Hochschulen zu überwinden. Kerstin spricht von der Notwendigkeit, Vertrauen aufzubauen, damit Studierende sich auf diese neue Art des Lernens einlassen. Stefan ergänzt, dass sobald diese Barrieren gebrochen sind, eine Offenheit entsteht, die es ermöglicht, auf Augenhöhe zu arbeiten. Ich weise darauf hin, dass es in der Unternehmenswelt ähnlichen Herausforderungen begegnet und dass die Entwicklung einer Lernkultur, die Fehler akzeptiert und als Lernchance nutzt, nicht nur in der Hochschule, sondern in der gesamten Gesellschaft entscheidend ist. Ein zentrales Thema ist die Erprobung und Anwendung agiler Methoden in der Hochschulbildung. Ich schlage vor, dass wir diese Methoden wie das Big Room Planning in der Semesterplanung nutzen könnten. Kerstin und Stefan stimmen zu, dass der kreative Spielraum in der Hochschulbildung oft größer ist als zunächst angenommen und dass es wichtig ist, diesen Raum auch zu gestalten und zu nutzen, um das Lernen zu verbessern und anzupassen. Abschließend reflektieren wir, dass eine echte Transformation in Hochschulen Geduld und eine schrittweise Herangehensweise erfordert. Wir glauben, dass die Hochschulen einen einzigartigen Raum für Experimente bieten, und indem wir anpassungsfähig sind und agil lernen, können wir die Zukunft der Hochschulbildung mitgestalten.

Transkript

Judith Andresen
00:00:34
Moin Moin und herzlich willkommen beim BJA Podcast. Heute zum Thema Agilität lernen. Mit mir in diesem Podcast sind Kerstin und Stefan und bevor wir einsteigen, werden sich die beiden vorstellen. Kerstin, magst du mal so zwei bis drei Sätze zu dir sagen, um dann an Stefan weiterzureichen?
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:00:52
Moin, Frau Mia, hallo, danke Judith für die Einladung. Ich freue mich mit dir und Stefan heute über Agilität zu sprechen. Ein Thema, das mich im Moment sehr beschäftigt, weil ich zur Digitalität oder digitale Transformation und Hochschulbildung forsche und da kommt Agilität eine ganz besondere Rolle zu. Also das ist bei mir erwachsen daraus, dass ich mich über Jahre mit Mediendidaktik und Professionalität von Hochschullehrern beschäftigt habe und hier auch immer besonders die Frage nach der Bedeutung von Wandel und Veränderung gestellt habe. Und derzeit bin ich Professorin an der Universität Hamburg in diesem Themenfeld.
Judith Andresen
00:01:30
Vielen Dank. Stefan?
Stefan Hilmer
00:01:33
Ja, vielen Dank auch von mir für die Einladung. Ich freue mich sehr, heute hier zu sein und mich mit euch über Agilität lernen auszutauschen. Ja, zu mir. Ich bin von Haus aus Ingenieur, habe über die Prozessautomatisierungstechnik den Zugang zum Beraten gefunden, habe 20 Jahre lang in Management- und IT-Beratung gearbeitet. Die erste Hälfte noch stark traditionell, so im Projektmanagement, später dann immer mehr agil. Habe dann das Agile kennen und lernen und lieben gelernt, war Scrum Master, Product Owner, Coach, Trainer, all das und habe nebenher auch Vorlesungen gehalten zum Thema Agilität an der Nordakademie in Elmshorn und seit einem Jahr habe ich das vergnügt, dort im Rahmen einer Professur das ständig zu machen und beschäftige mich also seit einem Jahr nochmal aus dem anderen Blickwinkel mit dem Thema Agilität lernen, Und was ich vorher in Unternehmen gemacht habe, versuche ich jetzt bei Studenten und folge dabei auch immer noch diesem Ansatz, agil, agil zu werden.
Judith Andresen
00:02:39
Ja, cool. Für alle, die mich nicht kennen, ich bin Judith Andresen. Ich bin eine agile Coach und eine agile Organisationsentwicklerin. Und zusammen mit dem Team der Beratung Judith Andresen bringen wir Leute in die echte Zusammenarbeit. Das macht Spaß. Und deswegen sitze ich auch hier, weil ich finde, Lernen im Paradigmenwechsel löst Leute so aus der Starre und macht einfach Bock. Und heute geht es ja sehr doppelt deutlich um Agilität lernen und meine Erfahrung ist, immer wenn das gelingt, dann ist viel Motivation und Spaß im Raum. Deswegen sitze ich hier, um dafür zu werben. Kerstin und Stefan, was treibt euch denn hier, hier zu sein?
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:03:30
Also ich schließe gleich mal an. Ja, genau. Ich schließe an, das passt gut. Mich treibt an, dass Lernen für mich im Grunde immer Empowerment ist. Also sei es fachlich weiterzuentwickeln, persönlich weiterzuentwickeln, sozial weiterzuentwickeln. zu entwickeln. Es hat für mich eben etwas, ja, die Erfahrung, die ich mache, macht etwas mit mir und danach habe ich den nächsten Schritt getan. Egal, wie die Erfahrung war, ich habe eine Erkenntnis daraus gezogen und ich neige dazu, das als etwas Positives zu sehen und freue mich, wenn ich es lernen, auch als positive Erfahrung mitgeben kann oder ihnen eine Erfahrung ermöglichen kann. Das treibt mich tatsächlich so an.
Judith Andresen
00:04:16
Cool. Und Stefan, was treibt dich in diesem Podcast?
Stefan Hilmer
00:04:21
Was mich in diesem Podcast treibt? Ja, also wirklich die Idee, Agilität vermitteln zu wollen unter Studierenden, unter Bachelor- und Masterstudenten an einer Hochschule. Dabei das Interesse dafür zu wecken, dabei Agilität einzubringen. Und ich glaube, auch das kann ich nur lernen, indem ich ausprobiere. Aber man muss auch nicht alles ausprobieren. Man kann auch die eine oder andere Erfahrung von anderen mitnehmen und auf diesen Erfahrungsauftausch freu ich mich hier heute besonders.
Judith Andresen
00:04:55
Ja, cool. In meiner Welt ist es ja so, es gibt ja, also wir haben Agilität lernen als Überschrift. Da gibt es ja zwei Dinge, auf die man gucken muss, nämlich man muss lernen, agil zu arbeiten und agil zu lernen, also iterativ und inkrementell. Das sind zwei verschiedene Kompetenzen, die ich glaube, die man immer zusammen am Anfang erwirbt, um sie dann vielleicht auch mal einzeln einzusetzen. In meiner Welt gibt es dafür so einen Satz, Veränderung erdenkt man nicht, Veränderung macht man.
Stefan Hilmer
00:05:39
Ja, ganz genau. Und genau solche Sätze, also man muss Agilität nicht erlernen, man muss sie erfahren und erproben. Und mit solchen Leibnätzen bin ich als Trainer und Coach gut gefahren. Und jetzt als Dozent ist eben dieses, dann auch anzusetzen, agil, agil zu lernen, da bin ich noch in der Findungsphase.
Judith Andresen
00:06:04
Aha.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:06:06
Ich kann das auch bestätigen, als ich mit Studierenden in Projekten beispielhaft agil gearbeitet habe, um Agilität zu erfahren. Hat dieses Prinzip sehr gut funktioniert. Also für mich macht es auch nur Sinn, egal eigentlich, welche Lernmethode sie im Gen oder welches Lernformat sie ist, im konkreten Gen dessen auch umzusetzen. Also partizipatives Lernen in einer partizipativ fördernden Lernumgebung und zum Beispiel agiles Lernen oder Agilität Lernen auch in einer Umgebung, die genau das authentisch hergibt. Und meine Erfahrung ist da besonders, das ist jetzt vielleicht ein bisschen verkürzt, aber ich kann dafür mit den beiden Begriffen Doing Agile und Being Agile anfangen. Also, dass dieses methodische Tun einhergeht mit der Entwicklung auch einer Haltung, einer Sichtweise auf Agilität, die ihren eigenen Fokus hat, auch eigene Grenzen. Aber dieses Zusammenspiel ist für mich enorm wichtig, damit zum Beispiel Agilität nicht allein auf Methoden können reduziert wird, wie Kanban oder Scrum. Und auf der anderen Seite ein zu moralisches, freies Reden über Agilität im Sinne von Wundermittel eben auch einfach ohne Kenntnis dieser ganz essentiellen Prinzipien wie Iterationen, Inkremente und eben auch schnelles Testing. Auch dann einfach ein luftleerer Raum bliebe.
Judith Andresen
00:07:41
Ja, also das ist in meiner Welt genauso. Also sowas wie Scrum und Kannmann funktioniert ja de facto nur, wenn Leute ein Verhältnis, ein neues Verhältnis zu Fehlern haben. Also in meiner Welt im Paradigmen, vor dem Paradigmenwechsel sind ja Fehler oft mit Versagen und Schuld verknüpft. Und agil heißt ja, ich probiere es aus und im Zweifelsfalle tue ich es in die Tonne mit einem Grinsen und sage, okay, so nicht und das finde ich. Also mich begeistert das immer, Leute in dieser Phase zu begleiten, wo die das erste Mal rauskriegen, dass ein Fehler vielleicht nicht nur doof ist und das stelle ich mir in Kontexten, wie, Die Hochschulen nochmal besonders vor, wie man da in eine gute Lernkultur kommt, das wäre mein Wort dafür und raus aus der Fehlerkultur, weil Fehlerkultur ist ja da, das erleben wir halt zumindest in Unternehmen, dass das ganz oft hart trainiert ist, dass alle sich einig sind, dass in Fehlern Schuld und Versagen liegt. Und das ist tatsächlich ganz oft das, was wir parallel lernen müssen, wenn es um Agilität lernen geht. Nämlich das eine ist, mit Hutsch irgendwie auf Kurs zu kommen und erstmal rauszukommen, wie man so auf Inkremente kommt. Und auf der anderen Seite gibt es halt so ein Momentum von, wir richten jetzt nicht unsere Energie in die Frage, wer die falsche Entscheidung getroffen hat, sondern wir lernen daraus, dass das Ergebnis nicht gut ist oder nicht so wie erwartet. Wie macht ihr das in den Hochschulen?
Stefan Hilmer
00:09:22
Das kann ich von mir ganz bestätigen. Also ich habe ja bei mir im Umfeld auch ganz viele Studierende, die also im dualen Studium sind, die also parallel in einer wirklichen Arbeitswelt lernen und leben. Und denen ist es relativ einfach, auch zu erklären, was das bedeutet mit der Fehlerkultur. Ich rede dann immer so von einer systemimmanenten Fehlertoleranz. Also, dass es nicht nur darum geht, fehlertolerant zu sein und zu sagen, ja, das ist ja der Auszubildende, der hat es jetzt mal probiert, das hat nicht funktioniert, sondern dass es eben, wie du Judith eben schon sagtest, wirklich zum System dazugehört. Wir machen keine Fehler, weil wir schlecht sind, sondern wir machen Fehler, weil wir daraus lernen, weil wir nicht Sachen stundenlang diskutieren, analysieren, konzeptionieren, sondern weil wir einfach Sachen ausprobieren und darüber zu Ergebnissen kommen. Und das lässt sich auch noch relativ leicht erklären, aber leider sind wir natürlich in der Hochschule dann noch in diesem Umfeld, wo ich denen das wochenlang beibringen kann. Und dann kommt der eine Moment, wo die Fehlertoleranz wieder auf Null sinkt. Das ist dann die Erbringung der Prüfungsleistung. Und da sehen wir ganz deutlich, da geht es darum, dass jeder Fehler vermieden wird und dass Fehler letztendlich zu vermeiden sind und auch bestraft werden. Aber das muss man dann, also jedenfalls habe ich die Erfahrung gemacht, oder das kann man dann auch ganz bewusst als Gegenbeispiel einbringen, dass wir eben in der Lehre und in der Ausbildung eine gesonderte Situation haben, aber dass wir daran deutlich erkennen, dass es einen Unterschied gibt zum täglichen Leben in der Arbeitswelt und wo man auch anders arbeiten und leben kann.
Judith Andresen
00:11:09
In der Unternehmenswelt sage ich an so einer Stelle immer Hack the System. Da muss es doch irgendwas geben, wo man formal die Bedingungen erfüllt und trotzdem was Cooles anderes macht. Kann man Prüfungen an Hochschulen hacken?
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:11:24
Ja, kann man. Also es gibt ja eben einen Rahmen, eine Prüfungsordnung. Und im Grunde kann man überlegen, wie viel Spielraum gibt mir so einen Rahmen. Und dann ist es ähnlich wie auch wahrscheinlich in Unternehmen. Wir haben ja noch so eine Tradition. Wie Stefan beschreibt, die tradierte Sicht ist eben doch, man hat eine Veranstaltung, am Schluss eine Prüfung, um ein Ergebnis zu haben. Wer nicht 100 Prozent hat, hat halt keine Eins. Und das ist immer noch ein langwieriger Kulturwandel, würde ich sagen, in dem wir uns befinden. Die Stimmen werden aber sehr viel lauter. Die sagen, es macht in der heutigen Zeit keinen Sinn, einfach ständig nur auf die Fehler zu schauen. Und jetzt komme ich zu deinem Hack. Gerade aus dem Bereich der Didaktik, Gestaltung von Lehre, aber auch so einer Art Selbstverständnis von Hochschule, von Hochschulbildung fallen häufiger. Stichworte wie transformative Bildung, wie Future Skills, wie Service Learning, Forschendes Lernen. Früher hätte man einfach Projektarbeit zum Teil gesagt. Und es wird geschaut, wie sich Lehre und bestimmte Formate so öffnen lassen, dass eben eine Interaktion deutlicher mit Studierenden stattfindet. Und was eben wichtig ist mit Blick auf die Prüfung, dass eben keine, ich sag mal, oder dort, wo es möglich ist, auch mal geschaut wird, wo keine Falschrichtigprüfungen stattfinden. Das heißt, zu überlegen, wenn ich hier projektorientiert arbeite oder mit Gruppenarbeit arbeite, wie kann ich denn ein passendes Prüfungsformat zu dieser Form, die ich unterwegs methodisch wähle, auch anpassen. Deswegen erwähne ich immer die Rahmenbedingungen, weil am Ende geht es halt darum, im Moment, das war die Frage, im Moment kann ich es hacken, wenn ich meinen eigenen Rahmen kenne, langfristig, wenn ich mich mit der Rahmenbedingung auseinandersetze und versuche, die Prüfungsordnung eben, wo es möglich ist, zu beeinflussen, weiterzuentwickeln. Zum Beispiel gibt es ja auch Methoden wie Portfolioprüfungen. Das sind sehr offene Formate, in denen sehr viel möglich ist einfach. Und das ist aber auch in dieser Struktur manchmal ein langer Weg und muss auch zum Fach passen. Und ich habe den Eindruck, dass die Fächer da in ganz unterschiedlichem Tempo unterwegs sind.
Stefan Hilmer
00:13:52
Das ist in der Tat ein langer Weg, gerade wenn man dann an den Rahmenbedingungen etwas ändern will, an Prüfungsordnungen etwas ändern will, an Studienplänen etwas ändern will. Da sind lange Laufzeiten zu erwarten, das ist leider nicht zu vermeiden. Das geht auch über Jahre. Aber die Situation erst einmal so zu entschärfen oder anders zu nutzen, das ist aber auch wie die Situation, wie wir sie aus der Wirtschaft kennen. Letztendlich, wenn wir in einem magil arbeitenden Team arbeiten, aber einen Kunden außerhalb des Teams haben, weit außerhalb des Teams, also auch außerhalb des eigenen Unternehmens. Auch da haben wir ja die Situation beispielsweise einer Abnahme, wo wir eine Kundenzufriedenheit erzeugen müssen, wo wir alle Feature bereitstellen müssen, die wir bereitstellen wollten. Und da ist es genau die gleiche harte Situation wie in einer Prüfung. Und diesen Vergleich muss man dann eben auch nochmal herstellen gegenüber den Studenten und sagen, okay, ihr habt in der Vorlesung die Möglichkeit, alle Fehler zu machen, die ihr wollt. In der Prüfungssituation seid ihr wie in der Abnahme und da müsst ihr halt zeigen, was ihr könnt.
Judith Andresen
00:14:58
Es sei denn. Man macht die Abnahme zur Verhandlungssache, was man ja gerne in agilen Projekten macht. Okay, ich sehe, also System kann man hacken in Teilen. Für die große Runde wird es noch ein bisschen brauchen, glaube ich. Das finde ich aber auch okay. Ich bin froh über jeden, der sich auf den Weg macht. Insgesamt, also in Iterationen zu arbeiten und vor allem in Inkrementen, also irgendwas zwischendurch schon mal zu liefern, was tut, das glaube ich ist ja ein total schönes Ergebnis, wenn es nicht nur, wenn man so lange in Analyse und Konzept verharrt, bis vielleicht irgendwann der große Big Bang passiert. In Unternehmen ist das so, dass wenn man anfängt agil zu arbeiten, die sind am Anfang total verhalten, weil die das gar nicht so richtig glauben können, bis dieser Knackung kommt, dass einmal das erste Inkrement auf dem Tisch ist und da fangen alle an zu grinsen. Aber da gibt es so eine Eingewöhnungsphase, weil das wirklich ein Paradigmenwechsel ist. Was ist denn so eure Erfahrung? Also mir fallen ja so Stichworte ein wie Führen auf Augenhöhe und das müsste dann ja Lernen auf Augenhöhe in der Hochschule heißen. Und wie geht denn Projektarbeit oder wie auch immer das dann heißt in Agile und wie fässt sich das so an? Also geht das so auf Knopfdruck oder müsst ihr da auch irgendwie euch reinspielen und reinlernen?
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:16:30
Ja, ich müsste auch gerade lachen, weil das ist tatsächlich ein Reinwerden. Erstmal würde ich sagen, so ist das System im Moment gestrickt häufiger erstmal für die Lehrenden, die dann entscheiden, so etwas anzubieten, wenngleich Studierende auch einfach im Sinne studentischer Partizipation auch eine agile Lernumgebung für sich schaffen könnten. Ich bleibe jetzt mal bei der anderen Sichtweise, weil die die meisten zuerst im Kopf haben, dass da irgendwie Lehrende sind, die das erstmal auf die initiieren. Und da ist meine Erfahrung, das habe ich auch selbst schon häufiger erlebt, dass wenn ich Methoden wähle und eben zum Beispiel auch Projektarbeit entlang von Scrum in der Hochschulbildung gemacht habe, dass das ganz viel Vertrauensvorschuss braucht, den die Studierenden eher mir geben. Und umgekehrt ich ihn auch, bis so ein Grinsen kommt, das du gerade beschreibst. Nämlich so Situationen erstmal auszuhalten, dass wir alle Schritt für Schritt denken. Also das eben. Erst mal als Lernen komme und nicht im nächsten Sprint was Fertiges hinlegen brauche, sondern nur einen ersten Schritt. In dem Beispiel war das ganz banal. Wir wollten eine Website erstellen, auf der dann zur Demokratie Dinge standen und dann war es in Ordnung, sich fürs Design und die URL bis zur nächsten Woche abzustimmen. Also unter anderem. Und das so am Beispielen festzumachen, was kleine Schritte sein können, das hat unglaublich Druck rausgenommen und es brauchte aber, und so ist meine Erfahrung, so vier bis sechs Wochen in Sprints, nachdem, wie lange man das macht, bis auch bei den Studierenden deutlich wurde, Mensch, die meint das ja ernst, Stichwort Augenhöhe. Wir reden hier wirklich drüber, auch die, die vielleicht als Stakeholder in den Reviews saßen. Wir reden miteinander über unseren Prozess, über das Produkt auch in dem Fall oder den Lerngegenstand und genau dieser vertrauensvolle Rahmen, diese Beziehungsarbeit. Heute wird man wohl auch sagen, psychologische Sicherheit. Das ist der Rahmen, der neben methodischer Passung stimmen sollte. Nach meiner Erfahrung macht er auch am meisten Arbeit, weil man sich so sehr darauf einlassen muss. Und vor allem als Lehrende ist das nichts, was man, glaube ich, auf Knopfdruck kann, weil das ganz viel auch mit der eigenen Lehrphilosophie zu tun hat, mit der eigenen Haltung. Das ist ja nicht nur zum Beispiel, wenn ich agiles Lernen oder Agilität Lernen fördere, sondern auch, wenn ich insgesamt offene Lernformen anbiete, in der die Lernenden nach Interessewege suchen und es nicht in einen vorgegebenen gibt.
Judith Andresen
00:19:14
Genau, und ich, also da glaube ich, sehe ich den großen, eine große Parallele in die Wirtschaftswelt, weil da gilt ja auch für Führungskräfte, das ist ja nicht so, dass man Teams losschickt und sagt, yeah, ihr macht jetzt Selbstorganisation und die Führungskräfte sagen, ja, die machen jetzt Selbstorganisation und dann ist total klar, was sie in dem Gefüge jeweils so machen, wie das neue Zusammenspiel funktioniert, auch das ist ja was, wo man sich reinlernen muss.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:19:38
Reinlernen passt ganz wunderbar.
Judith Andresen
00:19:40
Und die, ähm, Und bei den Führungskräften ist das halt häufig ein Thema, dass alle immer noch mal so heimlich gucken, meinen die das ernst? Also gerade wenn es um Produktentscheidungen geht, also sag mal, dann findet sowas statt, da kann manchmal so ein Vakuum entstehen. Das kann ich mir vorstellen, dass das auch nach Hochschule entstehen kann bei Lerngegenständen, weil dann so viel Unsicherheit herrscht. Mit einem gibst du wirklich die Verantwortung für das Ergebnis an uns ab.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:20:10
Ja, genau das meine ich mit Ja, das tue ich und das selbst auszuhalten, also ich selbst halte aus, dass da was passiert diese Woche und wir uns in der nächsten wieder treffen und das dann eben gemeinsam reflektieren. Aushalten ist wirklich wichtig.
Judith Andresen
00:20:29
Und gleichzeitig auf der anderen Seite sich das auch trauen zu machen, das stelle ich mir tatsächlich auf eine gewisse Art noch anstrengender vor, weil ich glaube, dass das Hierarchiegefälle der das Ursprüngliche zwischen Lehrenden und Lernenden noch krasser ist als zwischen Führungskräften und Teams und Organisationen. Also vielleicht ist das jetzt auch ein falsches Bild, aber ich glaube, die Institution, also in der Lehre, da ist es noch schwieriger, zu einem Lernbegleiter zu werden als zu einem Teambegleiter oder einer Teambegleiterin in einem Unternehmen. Würdet ihr die These mitgehen oder sagt ihr, nee, Gifts.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:21:09
Ich sage nochmal kurzen Satz und gebe dann an Stefan weiter. Ich finde genau, weil die Erwartungshaltung im Moment noch die ist, ich gehe an eine Hochschule und erwarte dieses Gefälle, ist so viel Arbeit zwischen Lehrenden und Studierenden notwendig, dass beide, wenn sie es so wollen, dieses Gefälle angleichen, in Balance bringen. Und wichtig finde ich, in dem Zusammenhang auch als Lehrende in solchen Reflexionsrunden zu sagen, ja, auch für mich ist das neu. Also auch sich als Lehrende, als Teil der Reflexionsgruppe darzustellen.
Stefan Hilmer
00:21:44
Ich glaube, auch die Distanz ist größer als in dem normalen Arbeitsumfeld. Aber wir reden da über sehr viele sehr junge Menschen, die sich relativ schnell darauf einstellen können. Und wenn das dann erst einmal so weit ist, dann brechen dann auch die Dämme und dann sind sie sehr schnell sehr weit offen und sehr zugänglich und man kann sehr gut auf Augenhöhe arbeiten. Am Anfang ist das sicherlich schwieriger, weil dem einen oder anderen Studenten hat man schon Schwierigkeiten, sie dazu zu bringen, einen zu duzen. Und die Differenz ist sicherlich sehr hoch, aber wenn es dann erstmal gebrochen ist, dann sind sie sehr offen. Während man ja in der Arbeitswelt dann auch manchmal mit sehr erfahrenen Kollegen arbeitet, die man versucht davon zu überzeugen, wo das deutlich länger dauert, die Augenhöhe herzustellen oder wann das jahrelang in Fleisch und Blut übergegangen ist, was sie an traditionellen Arbeits- und Denkweisen mitgebracht haben.
Judith Andresen
00:22:48
Ja, also Augenhöhe hat ja immer ganz viel mit dem zu tun oder der zu tun, der die nicht auf Augenhöhe ist. Dieses Empowerment, das da drin steckt, das finde ich ist echt herausfordernd. Ich glaube auch, dass es jüngeren Menschen leichter fällt, an der Stelle ihren Anteil zu sehen. Also wir sind gerade in der Situation, dass sich alle zehn Jahre das Wissen der Menschheit verdoppelt. Also das Tempo hatten wir noch nie. Und das stellt aus meiner Sicht halt auch die Art, wie wir Wissen vermitteln an Hochschulen ein Stück weit in Frage, weil das, was sozusagen an Faktenwissen gelernt wird, das wird halt aus meiner Sicht immer weniger, sondern es geht eher um die Frage, lernen zu lernen. Also das wäre auch ein Weg, wie ich Agilität lernen übersetzen würde.
Stefan Hilmer
00:23:41
Wir haben da ja noch ein Problem und das ist das gleiche Problem, das wir auch in der Industrie haben, dass wir eben in der Hochschule kleine Lerngruppen haben oder auch größere Semester haben, mit denen wir das gemeinsam bearbeiten, in dem wir gemeinsames agiles Gedankengut einbringen, mit dem wir es schaffen, auf Augenhöhe zu arbeiten, wo dann auch Frameworks gut funktionieren, wo wir sehr hohen Grad an Agilität erreichen können, also auf jeden Fall eine sehr hohe Steigerung, wenn man abgedacht, woher kommt. Und das schaffen wir ja in der Industrie auch sehr gut. Da haben wir unsere Scrum- und Kanban-Teams, die gut agil arbeiten, cross-funktional aufgestellt sind, selbstorganisiert arbeiten. Aber der nächste Schritt, wenn wir mehrere solche Einheiten zusammenfassen wollen, der ist ja, der immer noch schwerfällt. Da bauen viele ihre eigene Lösung, da versuchen andere Standardlösungen wie SAFE oder LESS oder Nexus einzuführen und damit diese Gemeinsamkeit zu schaffen. Wir nennen das dann Scaled Agile und versuchen damit agil im Großen zu schaffen. Das läuft auch in der Industrie nicht immer ganz problemlos. Da gibt es viele Fehlversuche, da gibt es viele Ansätze, die doch dazu führen, dass man irgendwie ein Framework überstülpt, das dann doch nicht dafür sorgt, dass alle so arbeiten können, wie sie wollen, sondern mit starken Vorgaben arbeiten müssen. Und der Weg, der ist dann in der Hochschule der nächste Schritt, der sicherlich auch nicht leicht fallen wird. Wir können individuell mit jeder Gruppe individuell arbeiten, aber wie schaffen wir es dann, dass wir in der Hochschule auch gemeinschaftlich arbeiten, dass ein Student auch in die nächste Vorlesung geht und dort letztendlich wieder agil arbeiten kann und sein Wissen mitnehmen kann und dort auch einen Dozenten trifft, mit dem er dann wieder auf Augenhöhe ist oder eben nicht.
Judith Andresen
00:25:30
Genau, also in meiner Welt ist die Antwort da genau dieselben wie in Unternehmen. Also ich glaube nicht an diese Frameworks, die ja mit ganz vielen Rollen und Artefakten daherkommen und quasi aus meiner Sicht eine neue Struktur bilden und dann denke ich mir, was genau ist denn jetzt hier eigentlich iterativ inkrementellen und lernen, sondern woran ich glaube, sind Führungsteams, die zusammen ausgestalten mit ihren Teams oder meinetwegen auch Führungskreise, weil man enthierarchisiert, also übergeeignete COPs, Wie auch immer das dann gestaltet wird, dass die Schritt für Schritt genau diese Zusammenarbeit etablieren und ein lernendes System etablieren, das mehr als ein Team macht. Darin glaube ich total. Und das funktioniert nur, wenn alle sich einig sind, dass das im Prinzip die Richtung ist, wo man hin möchte. Und wenn dieser Zustand erreicht wird, nämlich Leute sagen, wir wissen noch nicht genau, wie es aussieht, aber wir wollen da gerne hin. Also das, was in den Einzelteams funktioniert, ist ziemlich cool. Lass uns das mal für alle machen. Wenn dieses Commitment da ist, dann kannst du Führungsteams bauen oder Führungskreise, die committed sind. Und dann kann man sich zusammen auf den Weg machen. Und genau nach dieser Art von Skalierung würde ich in Hochschulen aussuchen, nämlich völlig subversive Idee, ProfessorInnen, die zusammenarbeiten.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:26:55
Ja, ich finde die Idee gar nicht so subversiv, muss ich sagen. Ich kann total gerade anknüpfen an deine Idee, nicht daran zu glauben, dass Framework wie Scale und dergleichen in Hochschulen funktionieren. Das würde ich sagen, trifft wahrscheinlich auch einfach auf die Realität. Also Hochschulen sind besondere Organisationen mit besonderen Aufgabenbereichen und da denke ich deshalb auch, und das hat mich zum Beispiel auch dazu motiviert, genau diese Überlegungen anzustellen, wie kommen wir denn in die Fläche in der Hochschule ohne Parallelstrukturen, ohne jetzt ein Framework nach vorne zu stellen, sondern mit dem, was die Hochschulen mitbringen. Zusammen, gemeinsam voranzukommen. Aber im Sinne von Agilität oder agiler Logik, eben in einer Schritt-für-Schritt-Logik. Und immer wieder zu entscheiden, was ist im nächsten Schritt für uns das Passende. Und da fand ich das zweite Konzept, das bringe ich jetzt einfach mal ein, ganz spannend, der Ambidextrie, der Beidhändigkeit. Also einerseits Exploitation, den Bestand zu fördern, das Kerngeschäft zu optimieren, auch um ressourcenfrei zu bringen und auf der anderen Seite die Exploration, das Neue immer wieder anzutriggern. Ja, auch ProfessorInnen-Teams, die gemeinsam arbeiten, haben wir noch viel weiter gedacht. Also über Einheiten hinweg, an Themen entlang zum Beispiel. Ich nehme mal ein klassisches Beispiel aus der Hochschule, Lehre, Hochschulbildung, wenn ich an Curriculum oder Programmentwicklung denke. Da sind ja ProfessorInnen genauso beteiligt wie Lehrende des Mittelbaus, wie Personen, die in der Studiengangsorganisation tätig sind, JuristInnen. Und wenn ich es digital denke, sollte man auch noch mit denjenigen sprechen, die die digitale Infrastruktur oder die zu verfügenden Puls bereitstellen. Jetzt mal ganz weit gedacht, wenn auch noch das Thema E-Prüfung vielleicht dazukommt und sehr aktuell gedacht, welche Rolle spielt KI oder spielen generative Sprachmodelle zukünftig oder auch aktuell. Und insofern sehe ich das wirklich genauso von der Hochschule auszudenken, von der jeweiligen Hochschule aus mit ihren Bedarfen. Und wie sagst du immer so schön, mit Experimenten an bestimmten Stellen anzufangen oder eben auch bestimmten Change-Prozessen, aber diese Schritt für Schritt passend zu dem Anlass aufzusetzen.
Judith Andresen
00:29:25
Und in meinem Kopf steigt sofort ein Experiment auf, ich sag das jetzt mal und klau was aus Safe, weil wie geil wäre das, wenn man eine Semesterplanung mal als Big Room Planning machen würde. Also alle kommen zusammen, haben, Semester nächstes Jahr muss bestückt werden, man kriegt da Abhängigkeiten raus, kann so abstecken, wer was macht.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:29:50
Also ich würde ganz viel Zucker und Süßigkeiten bereitstellen, irgendwas, was Gemüter beruhigt und dann, glaube ich, können wir anfangen.
Stefan Hilmer
00:29:58
Ja, das klingt super. Und ich glaube auch, dass an der deutschen Hochschullandschaft Professoren sehr viel enger zusammenarbeiten, als so manches Vorurteil zu glauben vermittelt. Auch das Cross-Funktionale, das mit den Beigesteuerten, wie Kerstin das eben vorgetragen hat, auch alle damit einzubeziehen, die an der Hochschule mitteilen nehmen, das wird sicherlich funktionieren. Aber es gibt natürlich auch eine gewisse erzwungene Langsamkeit. Wenn ich in einer Vorlesung in einem Semester so erstmal auf der kleinen Ebene etwas ausprobiert habe, dann kann ich das erst ein Jahr später wieder ausprobieren, wenn ich diese Vorlesung wieder halte. Da geht schon mal eine Menge Zeit verloren und das gilt auch für die Hochschule als Organisation, wenn ich eine Änderung an der Prüfungsordnung vornehmen möchte oder an meine, Studienpläne dann muss ich mit der Akkreditierung danach kommen und auch da vergehen Jahre und nicht Wochen wie wir es aus der agilen Welt in der Industrie gewohnt sind da bin ich wieder bei Hackness.
Judith Andresen
00:31:09
System es muss was gehen Hack the System. Es muss was gehen. Ich habe das selbst in meinem Studium erlebt und das war wirklich, glaube ich, Hack the System. Ich habe ja Mathematik studiert und bei einer Uni hat sich geweigert, Klausuren als Prüfungsleistung abzunehmen in der Mathematik, weil die gesagt haben, Mathematik kann man nicht in einer Klausur abprüfen und die haben sich da auch irgendwie rumgehackt. So, glaube ich, es geht was. Okay, aber diese gemeinsame Hack-the-System geht halt nur, wenn das wohin und das, also klar ist, das wie, glaube ich, zeichnet sich schon ab, nämlich über Experimente und ausprobieren und erstmal im Kleinen und dann gucken, ob man irgendwie was zusammenbastelt. Genau. Und das wohin muss klar sein.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:31:58
Genau, das gemeinsame Wohin, was du verstehen hast, was ich denke, was ganz wichtig ist, dass das eine gemeinsame Entscheidung ist. Vielleicht erst mal angefangen bei gemeinsamen Bereichen, aber auch umfassend eine Idee von, wir haben ein gemeinsames Ziel, das muss nicht der Nordstern sofort sein oder schon, ich würde immer sagen, schon gar nicht anfangen, erst mal eine Lehrstrategie zu formulieren, weil dann ist man zwei Jahre nur damit beschäftigt, sondern umgekehrt auch mit den Studierenden zusammen. Die Richtungen der Aufzählung unterschlagen, gemeinsam zu überlegen, wo passt es schon, wer macht mit und wo sind die Rahmenbedingungen da.
Judith Andresen
00:32:36
Genau. Und an welcher Stelle zum Beispiel geht. Genau. Und an welcher Stelle verändert sich Wissen auch gerade ganz viel, weil ich glaube, das ist genau die Stelle, wo man sagen kann, genau da es gerade sehr, sehr beweglich ist, da macht es halt total Sinn, auch mit anderen Lernmethoden zu arbeiten.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:32:52
Absolut. Und es gibt die Beispiele bereits. Es gibt Hochschulen, die sind moderner aufgestellt als das Vorlesungssystem. Die arbeiten genau mit Problemorientierung als Ansatz oder eben auch mit stärkerer Offenheit, Selbstorganisation der Studierenden und haben trotzdem den Hochschulrahmen darum gebaut. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, noch stärker hinzugucken, was funktioniert bei uns, also was funktioniert auch bei anderen, aber eben auch die eigene Besonderheit immer als Ausgangslage zu sehen und nicht nur nach Best Practices zu schauen, weil da ist es manchmal auch sehr einfach zu sagen, nee, weil bei uns Rot und Grün nicht so sind, können wir es jetzt gar nicht machen. Also plädiere ich eher für den umgekehrten Blick zu schauen, wo geht schon hier was, wo können wir anfangen, wie kann es ausstrahlen und es dann eben mit dieser doppelten Zeitlichkeit auch entwickeln zu lassen, also dem Ganzen wirklich Zeit zu geben, auch wenn Agil erstmal Tempo suggeriert. Ich finde, Schritt für Schritt in Hochschulen zu gehen, statt ein drei-Jahres-Masterplan zu haben, also in meiner Welt ist das ziemlich flott.
Judith Andresen
00:33:58
Ja, und das ist auch, das ist ja eine der Ergebnisse über Agilität, dass Leute da wahnsinnig schnell vorankommen mit diesen ganzen kleinen Schritten, also insofern, würde ich sagen, also ich finde cool, dass ihr euch auf eure Art auf den Weg gemacht habt. Und, ich wünsche euch viel Spaß bei euren vielen Experimenten, die noch so auf eurem Weg liegen. Viel Spaß beim System hacken. Und in diesem Sinne vielen Dank für euer Gespräch.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:34:35
Ja, danke schön für die Einladung.
Stefan Hilmer
00:34:37
Vielen Dank auch von meiner Seite und bei den kleinen Schritten. Wir dürfen auch nie vergessen, dass die Industrie teilweise bis zu 25 Jahre Vorsprung hat. Und 25 Jahre kleine Schritte sind eine ganze Menge, die wir an den Hochschulen erst noch aufholen müssen.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:34:52
Und umgekehrt, dass Hochschulen viel mehr Freiräume haben, als sie manchmal denken.
Stefan Hilmer
00:34:57
Auch das.
Judith Andresen
00:34:59
Okay, in diesem Sinne. Vielen Dank. Ciao.
Prof. Dr. Kerstin Mayrberger
00:35:02
Ciao.