Boden und Leben

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#37 - David Turiel: Grundlagen der Dammkultur (nach Turiel)

Ein uraltes Anbausystem als eine mögliche Lösung für die Herausforderungen der Zukunft?

12.01.2025 78 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Episode von "Boden und Leben" widme ich mich gemeinsam mit meinem Gast David Turiel intensiv dem Thema Dammkultur, ein faszinierendes und oft missverstandenes Anbausystem, das in der Landwirtschaft eine immer größere Rolle spielt. 
Wir tauchen tief in die Geschichte der Dammkultur ein und beleuchten die Erfahrungen von Davids Vater, der vor über 30 Jahren nach Deutschland kam, in der Hoffnung, dort im Ökolandbau auf die Dammkultur zu treffen, die er in seiner Heimat Spanien schon lange kannte. Er musste aber festzustellen, dass sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Anbau der Flachanbau und nicht die Dammkultur vorherrschend war. David berichtet, wie sein Vater im Laufe der Jahre immer wieder auf Widerstände in der Branche gestossen ist, während er das traditionelle Wissen über Dammkultur und deren Vorteile bewahren und weitergeben wollte. Wenige kennen die Vorteile der Dammkultur so gut wie die Turiels. Im Gespräch thematisieren wir die Vorteile der Dammkultur gegenüber dem Flachanbau, insbesondere wie sie helfen kann, die Bodenstruktur zu fördern, die biologischen Prozesse zu aktivieren und eine bessere Wasserspeicherung zu gewährleisten. David erklärt, wie der Damm durch seine Form nicht nur die Temperatur und das Mikroklima beeinflusst, sondern auch die Bodenlebewesen unterstützt, das Wachstum der Pflanzen fördert und letztendlich zu höheren Erträgen führen kann. Ein zentraler Punkt sind die verschiedenen Techniken und Werkzeuge, die für die Dammkultur verwendet werden. Ich erfahre, wie wichtig die Wahl der richtigen Dammbreite ist und welche Maschinen sich bewährt haben, um diese speziellen Dämme anzulegen. David gibt wertvolle Einblicke in den pfluglosen Umbruch von Kleegras sowie die Vorbereitung für die Folgefrüchte, um optimale Bedingungen zu schaffen, die sich sowohl auf den Ertrag als auch auf die Bodenfruchtbarkeit auszahlen. Wir diskutieren außerdem die Herausforderungen, denen sich Landwirte gegenübersehen, die von klassischem Flach-Anbau auf Dammkultur umstellen möchten, und die verschiedenen Sichtweisen zu diesem Thema in der Landwirtschaft. David und ich stellen fest, dass sich im Kontext des Klimawandels die Anpassungsfähigkeiten von Dammkulturen deutlich bewähren können, insbesondere in Zeiten extremer Wetterbedingungen. Abschließend betonen wir die Vision einer vielfältigen, kleinstrukturierten Landwirtschaft, in der die Dammkultur nicht nur als ein professioneller Ansatz, sondern auch als eine Möglichkeit zur Erneuerung und Nachhaltigkeit verstanden wird. Diese Episode von "Boden und Leben" soll als Ermutigung dienen, neue Wege im Anbau auszuprobieren und den wertvollen Austausch zwischen den Landwirten zu fördern.

In dieser Folge sprechen wir über ein uraltes Anbausystem - die Dammkultur! Zu Gast ist David Turiel, der Sohn von Julian Turiel, der dieses Wissen seiner Vorfahren vor über 30 Jahren aus Spanien nach Deutschland gebracht hat.

Der Pflanzenbau auf Dämmen hat in Nord-West-Spanien über 800 Jahre Tradition. Die Wurzeln des Anbausystems gehen in die persische Zeit zurück. Bis etwa 1970 gab es den einscharigen Hakenpflug, von Pferd, Muli oder einer Kuh gezogen. Im norddeutschen Raum war dieser Pflugtyp unter dem Namen „Mecklenburger Haken“ noch 1920 im Einsatz, in Spanien unter dem Namen „arado romano“ („römischer Pflug“). Abgesehen vom Namen, hatten diese Geräte aber nichts mit dem heutigen Pflug zu tun, da nicht tief gearbeitet und Bodenschichten nicht gewendet wurden.

Julian Turiel hat in seiner Heimat Kastilien und León, Spanien, die Dammkultur in ihrer hochentwickelten Form im Ackerbau, Gemüsebau und Obstanbau noch zwei Jahrzehnte in den 60er und 70er Jahren miterleben und praktizieren können. Auf dem elterlichen Betrieb wurden noch bis zuletzt Kulturen auf Dämmen angebaut. Die Verdrängung der Dammkultur ist schließlich durch die fehlende technische Entwicklung, den demographischen Wandel und die damit einhergehende Alterung der Bevölkerung im ländlichen Raum zu erklären. Die immer größer werdende Verfügbarkeit von Herbiziden, chemischem Dünger und neuer Landtechnik für die Traktoren führte dazu, dass immer mehr Landwirte die Dammkultur mit Tierzug aufgaben. Insbesondere das Pflügen führte zum Zusammenbruch des früher so hohen Bodenlebens.

Das war für Julian Anlass, die Technik des Dammsystems auf einen neuen Stand zu bringen und für die moderne Landwirtschaft zu adaptieren. So entstand über einen Zeitraum von rund 30 Jahren das Dammkultur-System mit dazugehörigen multifunktionalen Geräten und Werkzeugen. Die ständigen Verbesserungen führten im Jahr 2002 zur Serienreife der Landmaschine mit 90 cm Dammabstand. Ein wichtiger Schritt war im Jahr 2003 die Einführung der „halben“ Dämme mit 45 cm Abstand beim Säen von Getreide. Später kamen die 60er und 75er Dammbreite dazu, welche sich immer mehr etablierten.
 
Seitdem wurde das Anbausystem um weitere Werkzeuge zur Dammpflege und Aussaat ergänzt. Die Turiel-Rahmen sind für alle Gemüse- und Ackerbaukulturen und Bodenbeschaffenheiten und klimatische Bedingungen geeignet. Heute bietet das im Kreis Paderborn ansässige Familienunternehmen Turiel ein Rundum-Angebot von der Entwicklung, über hauseigene Produktion, Vertrieb, Beratung der Dammkultur-Praktiker bis hin zu Einsteiger- und vertiefenden Seminaren und Feldtagen.

Mehr Informationen zur Dammkultur nach Turiel findet auf deren Homepage unter www.turiel-dammkultur.com.


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Euer Michl

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Das Intro und Outro durfte ich mit freundlicher Genehmigung der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (Rudolf Bühler) und dem Musiker und Texter Klaus Franz aus der CD "Über den Tag hinaus" verwenden. Intro: Hohenloher Bauernlied Outro: Hohenloher Ballade