Klimanachbarn – Die Revolution beginnt nebenan

Michael Schindler & Patrick Niedermayer
Since 02/2023 51 Episoden

E24: Ranga Yogeshwar – Wie wird die Welt seiner Enkel aussehen?

09.05.2024 31 min Patrick Niedermayer

Zusammenfassung & Show Notes

Am Rande der Nachhaltigkeitskonferenz in Nürnberg trifft Patrick auf Ranga Yogeshwar. Die meisten kennen ihn wahrscheinlich durch seine TV-Formate wie Quarks & Co. Wir sprechen über seine Auftritte bei TV-Total, über Klimawandel, Technologie und Veränderungen in den Werten unserer Generation und der seiner Enkel. 

Einer der bekanntesten Wissenschaftsjournalisten im deutschen Fernsehen ist bei uns heute zu Gast: Ranga Yogeshwar. Wir sprechen über Emils Welt. Emil ist Ranga's Enkel und wir sprechen darüber wie seine Welt aussehen wird.

Danke an https://www.grimmarchitekten.de/ dass wir bei euch aufnehmen durften

Transkript

Hi, ihr Lieben. Auf das heutige Gespräch habe ich mich schon seit Wochen gefreut. Am Rande der Nachhaltigkeitskonferenz Nürnberg treffe ich Ranga Yogeshwar. Ranga Yogeshwar dürfte einer der bekanntesten Wissenschaftsjournalisten im deutschen Fernsehen sein. Die meisten von euch kennen ihn wahrscheinlich durch seine Fernsehformate wie Quarks & Co., WeWiWissen, Kopfball oder die große Show der Naturwunder. Ranga und ich sprechen über die Zukunft, speziell darüber, wie das Leben seiner Enkeln mal aussehen wird, wenn sie selbst in einem hohen Alter sind und warum es so wahnsinnig schwer ist für uns, uns das vorzustellen. Michi wollte eigentlich auch unbedingt dabei sein bei dieser Episode, aber wir mussten leider spontan den Podcast um ein paar Stunden vorlegen und deswegen hat es Michi nicht mehr geschafft. Bevor es losgeht, noch ein Dankeschön an Grimm-Architekten, dass wir in eurem Büro aufnehmen durften. Und jetzt einmal tief durchatmen, dann kommen, dann los geht's. Klimanachbarn, die Revolution beginnt nebenan. Der Podcast mit Patrick und Michi. Moin an die Nachbarschaft. Ich habe heute eine ganz besondere Episode für euch. Mir gegenüber sitzt jemand, der meine Kindheit ein Stück weit begleitet hat. Ein paar sehr schöne Kindheitserinnerungen habe ich mit dir, du bist nicht mein Vater, aber mit meinem Vater habe ich diese Erinnerungen. Denn der Mann, der mir gegenüber sitzt, der hat mein Wissenschaftsinteresse erst geweckt. Ich glaube, das würden wahrscheinlich viele Menschen in meiner Generation so sagen. Mir gegenüber sitzt Ranga Yogeshwar. Schön, dass du da bist. Hallo, du kannst mich auch Opa nennen. Opa? Ja, bin ich auch übrigens. Darüber sprechen wir nachher noch, über deinen Enkel Emil. Ja, einer von inzwischen 3,7. 3,7 Enkel hast du? Das ist das bilanciere sozusagen der Fortschritt der Schwangerschaft demnach. Na, vielleicht auch der Fortschritt des Altwerdens. Da sprechen wir gleich noch drauf. Ich würde gerne einmal zum Einstieg von dir eine ganz, ganz andere Frage stellen. Ich war früher, habe ich gern TV total geschaut. Und jetzt in der Recherche bin ich darüber gestolpert, dass du ein paar Mal dort warst. Du bist nämlich Preisträger des Rab der Woche. Wie schwer war es, das TV total Publikum für Wissenschaft zu begeistern? Ach eigentlich relativ einfach. Ich bin nicht nur Preisträger eines Rab pro Woche, sondern es gab die erste Woche den ersten Rab, dann kam ich die zweite Woche wieder und nach der dritten Woche hat Pro 7 mich damals gefragt, ob ich nicht sozusagen eine Konstante in diesem Spiel sein möchte. Also was ich natürlich nicht gemacht habe. Deine Frage war, wie leicht oder schwer war es, Wissenschaft zu vermitteln. Eigentlich ziemlich einfach. Warum? Das eine ist, wenn man Wissenschaft ein bisschen anders vermutet als in der Schule, sind Menschen offen, weil ganz viele Menschen sind neugierig. Und das zweite ist, dass Stefan selber auch diese Neugier hatte. Und wir dadurch zwar natürlich dem Genre oder der Sendung angemessen mit viel Lachen und viel Humor das gemacht haben, aber dennoch gab es bei ihm so etwas wie ein echtes Interesse. Also nicht ein vorgespieltes, sondern an der Stelle echtes Interesse. War TV total für dich einer der schwierigsten TV Formate? Nein, überhaupt nicht. Also das war natürlich, man muss wissen, wo man hingeht. Und ich fand das sehr sympathisch in der Art und war, das kann man vielleicht in alten Ausgaben sehen, natürlich nicht so wie viele andere, die dann plötzlich eher fürchtig sich knobeln und kneten ließen, sondern ich kann manchmal schneller denken als Stefan. Das hat man gemerkt. Und das war insofern, war das einfach paripari und war dann nett. Und ich muss sagen, Stefan Raab ist auch im Laufe seiner medialen Karriere eigentlich immer netter geworden. Meistens läuft es umgekehrt. Das habe ich auch so beobachtet. Ich war auch erstaunt, als ich das Video letztendlich noch mal gesehen habe, dachte mir, das war früh. Also da gab es ja noch den Raab der Woche, das gab es ja später dann nicht mehr. Und ich habe Stefan Raab ganz anders in Erinnerung gehabt und war auch erstaunt, wie frech er damals noch war. Jaja, ganz am Anfang war er frech, aber da konnte ich auch frech sein. Ja, das hat man gemerkt. Also das war ein cooles Hin und Her. Ja, es gab eine Sendung, ich glaube, die ist zum Teil geschnitten worden, da habe ich ihm irgendwann die Karten rausgeklaut und habe ich dem Publikum gezeigt. Großartig. Jaja, aber wie gesagt, er ist immer netter geworden und hat auch, was für mich wichtig war, neben den Medien noch eine innere Leidenschaft gehabt, in dem Falle für Musik. Wieso machst du Wissenschaftskommunikation? Also was hat dich dahin gebracht? Warum? Neugier. Also was hat mich dahin gebracht? Warum? Erstens, ich habe einen wissenschaftlichen Background, also ich habe Physik studiert, also insofern hat mich das einfach so interessiert. Und das Zweite ist, ich habe immer ein sehr tiefes Bedürfnis, es gab sehr früh auch Dinge verständlich zu vermitteln. Das fing an der Uni an mit Tutorials, mit Jobs an der Uni, Leertätigkeiten und setzte sich fort und ja, jeder muss so für sich spüren, wo ist es richtig und das war für mich genau da richtig. Vorher hast du Physik studiert, aber du hast auch hier und da einen Schlenker in andere Felder reingemacht? Immer im Leben. Noch heute. Wieso ist Physik dann so oder Wissenschaft im Allgemeinen dann so das Kernthema geblieben? Naja, das ist das Kernthema, was man sieht, aber natürlich habe ich wieder andere Kernthemen, also Kindererziehung, was für ein Kernthema. Oder heute ist es so, dass ich zum Beispiel unglaublich gerne Dinge mit Holz mache, das ist für mich auch ein Kernthema, obwohl es nicht medial sichtbar ist. Das heißt, man muss immer verstehen, dass bei einigen Menschen man nur einen Teil sieht und nicht alles. Ja, absolut. Also über Holz könnten wir jetzt eine Weile lang sprechen. Warum? Warum wir darüber sprechen können? Was interessiert dich dann? Ich bin am Bauernhof aufgewachsen und ich habe damals das Glück gehabt, dass immer Werkzeug und Material verfügbar war. Nie in hoher Qualität, also immer schon das Holz, das da schon irgendwie ewig lag und keine sauberen Kanten hatte, eine Kreissäge, die keinen sauberen Anschlag hatte, aber ich hatte immer die Verfügbarkeit von all diesen Dingen und habe dann als Kind, ich bin furchtbar gerne Tret-Bulldog gefahren, Tret-Traktor, und der Hänger war aber viel zu klein. Also habe ich mir einen Aufbau bauen müssen, weil hat mir sonst niemand gemacht. Und so fing das an und jetzt haben wir ein paar Jahre, als wir eine Familie gegründet haben, uns eine Wohnung gekauft, bewusst klein und ich dachte mir, ja Minimalismus ist gut, wir brauchen auch keine Werkstatt. Brauche ich nicht, beim Bauernhof kann ich ja hinfahren. Und jetzt über die letzten fünf Jahre, jetzt kam das zweite Kind nach, jetzt wurde die Wohnung tatsächlich zu klein und jetzt war ganz klar, das muss eine Werkstatt haben. Das ist so ein Bedürfnis in mir, wieder mit Holz zu arbeiten, das geht nicht mehr ohne. Also ich habe eine. Was ist das eine Werkzeug, das jeder haben muss? Für dich oder am unterbewertetsten? Wenn man mit Holz arbeitet, ich glaube, du hast vorher die Kreissäge erwähnt, ich glaube, eine Tauchsäge ist wahrscheinlich am universästen nutzbar und nicht so gefährlich wie eine Kreissäge. Stimm ich zu. Ja. Die Kreissäge ist sau gefährlich. Statistisch gesehen jeden Tag in den USA acht Finger, die dran glauben und die Unfallgefahren sind gigantisch und man wundert sich, dass ein Laie ohne Instruktion mit so einem Gerät mitarbeitet, weil es nicht nur die Möglichkeit der Finger gibt, sondern Kickback, also dass dir die Stücke entgegenstagen. Insofern eigentlich ein sehr gefährliches. Eigentlich bräuchte man Führerschein dafür. Ja, oder zumindest wohlwollend. Führerschein klingt immer so nach Amtsstempel, aber wirklich wissen, was man da macht. Lass uns mal zu deinen Enkeln kommen. Wie gehst du mit denen mit Holz um? Bringst du denen das bei, die man in Tauchkreissäge benutzt? Ja, also zwei Sachen. Das eine ist, ich habe zum Beispiel den Enkeln ein Schaukelpferd gebaut. Und das zweite ist, wenn die bei uns zu Hause sind, gehen die mit in die Werkstatt. Also ich könnte jetzt Fotos zeigen und das finden die, die sind natürlich noch klein, aber auch da so eisbrechend für so etwas. Und das ist wunderbar. Und wir haben auch Ohrschützer in verschiedenen Farben für die, wenn es laut wird. Und ja, ist einfach schön. Ich sage mal, das gilt generell. Man muss Kindern glaube ich immer Türen aufmachen, egal wo. Also das bezieht sich nicht nur auf eine Holzwerkstatt, sondern auf alle anderen Sachen. Lässt du sie an gefährliche Werkzeuge ran unter deiner Anleitung? Oder sind sie vielleicht dazu noch zu klein? Dazu sind sie zu klein, aber sie sind super mit dem Staubsauger und können mir die Bandsäge aussaugen und natürlich habe ich den Stecker gezogen. Das ist wichtig. Ja, da fällt mir ein, ich muss Jörn gerade ein Geständnis machen. Ich habe seine Drohne aus Kielin und mein 5-Jähriger war dabei als ich geflogen bin. Ich habe ihm mal kurz die Fernbedienung gegeben. Jörn ist mit im Raum übrigens. So zum Thema ranführen an Werkzeuge. Ich hoffe es ist okay. Ja, aber ich glaube der wichtigste Punkt dabei ist nicht das Werkzeug, sondern, das hast du ein bisschen angesprochen, die Freiheit zu haben selber etwas zu machen. Du hast dein kleiner Anhänger aus der Kindheit zu sagen, hey, kann ich mir selber zusammenbauen? Also wegzukommen von diesem Mantra, ich kann das nur kaufen und wenn es das nicht im Geschäft gibt, dann gibt es das nicht. Nein, gestalte selber, das ist wichtig. Und dann ist es im Zweifel entweder besser, weil du es besser hingekriegt hast nach deinen Bedürfnissen oder zumindest wertvoller in der Eigenmahnimmung. Ja, der letzte Punkt ist glaube ich der wichtigste. Du kriegst eine Beziehung. Und jeder der selber mal einen Tisch gebaut hat, der wird diesen Tisch nicht so schnell zum Sperrmüll stellen, weil er eine Beziehung hat, weil sozusagen Herzblut reingeflossen ist. Und ich glaube das ist genau der Unterschied zwischen dem selbstgemachten Tisch oder dem Tisch den man einfach kauft, morgen ist er da und vielleicht übermorgen nicht mehr. Ja, lass uns mal über Emils Welt sprechen. Was ist Emils Welt? Oder wer ist Emil? Also, Emil ist mein erster Enkel, wie gesagt inzwischen gibt es noch die Carlotta und die Helena und Nummer 4. Name noch nicht, ja. Und warum habe ich den Vortrag Emils Welt genannt? Ich habe viele viele Jahre immer über Innovation, über Zukunft, über neue Technologien, über Veränderungen, über Nachhaltigkeit gesprochen. Das tut man natürlich zuerst einmal eher intellektuell, indem man wirklich überlegt, was wird in den nächsten Jahren anders werden. In dem Moment, wo die Enkel kamen, wurde mir einfach ganz plastisch etwas bewusst. Ich habe Emil auf dem Arm und all die Kinder, die jetzt geboren werden, werden mit großer Wahrscheinlichkeit das nächste Jahrhundert erleben. Also das Jahr 2100. Fühlt sich so weit weg an. Fühlt sich so weit weg an und damit wird einem klar, wie unsere Generation redet von irgendeiner Zukunft und manchmal parken wir unangenehme Dinge dahin. Also wir wollen CO2-frei sein im Jahr 2050. Für diese Generation wird das irgendwann Gegenwart. Das heißt in anderen Worten, man kriegt eine andere Empathie und vielleicht sogar eine andere Sorgfaltspflicht, die dem zugrunde liegt, zu sagen, wie wird diese Welt wirklich aussehen. Das zweite ist, das ist eine Generation, die konfrontiert wird mit Klimawandel, Ressourcenknappheit, mit einer globalen Verschiebung, wenn man sich mal anguckt, wie neue Wirtschaftsräume in Südostasien entstehen. Aber sie wird auch konfrontiert mit KI. Also die Generation wächst auf und redet selbstverständlich mit einer Maschine. Siri, Alexa und so weiter. Und was passiert? Also wie verschiebt sich eine Generation? Was sind die neuen Schwerpunkte? Wo gibt es Sachen, die vielleicht ganz wichtig und andere, die vielleicht nicht so wichtig sind? Darum geht es mir. Wie wird sich das Leben anfühlen für Emil und auch meine Kinder? Es ist sehr schwer. Es ist sehr schwer. Warum? Weil wir oft, wenn wir an Zukunft denken, im Grunde genommen in unseren Kategorien, der das hier und jetzt verhaftet sind. Also das sieht man durch die gesamte Bandbreite der Zukunftsforschung, dass Menschen immer aus der Perspektive der jeweiligen Zeit dann extrapolieren. Und wir verstehen nicht, dass Technologien uns selber verändern. Also in anderen Worten, die neue Generation wird andere Werte, andere Prioritäten haben. Und das ist nicht schlecht. So ähnlich wie wir dachten in den 80er Jahren, dass wir irgendwann auf fliegenden Hoverboards herumfahren, aber niemand das Smartphone oder Internet hätte vorhersehen können. Das ist das eine, dass es immer irgendwelche Zukunftsvisionen gibt, die vielleicht eher geprägt sind von der Zeit, in der sie entstehen. Das zweite ist, dass Technologie uns verändert. Also das Smartphone hat die Art, wie wir kommunizieren, die Art, wie wir leben, die Art, wie wir einkaufen, also so viel verändert und damit einhergehen zum Teil auch Werte. Also ja, als ich klein war, spielte ich Nachmittage draußen. Meine Eltern wussten nicht, wo ich war. Ich kam abends mit der schmutzigen Hose zurück. Gut war es. Heute, in Zeiten der Kommunikation, wenn die kleine Sophie nach einer halben Stunde immer noch nicht erreichbar ist, fängt Mama an, sich Sorgen zu machen. Und dadurch wird der Bewegungsradius nachweislich, das weiß man, immer kleiner von Kindern. Auf der einen Seite immer kleiner, man ist auch immer erreichbar. Also als ich so in deinem Alter war, war ich unterwegs im Himalaya, da gab es nichts. Also weder Funkempfang noch sonst was, natürlich kein Smartphone. Das heißt, tagelang wusste man nicht, wo ist der? Heute kannst du mitten im Dschungel auf Sumatra sein und plötzlich bin mit deinem Handy. Also es ist eine völlig verdrehte Welt. Und die Werte, die sich dadurch verändert haben, sind auch zum Beispiel Sachen, das fällt mir jetzt gerade als erstes an, die ganze Thematik um Datenschutz, das hatte man wahrscheinlich in den 70er Jahren noch gar nicht, weil es in der Präsenz noch gar nicht da war. Also vielleicht lick ich da auch komplett falsch, weil ich hab's nicht miterlebt. Doch Datenschutz gab es sehr früh, das sind die Wurzeln, nämlich man will keine staatliche Kontrolle. Man will an der Stelle irgendwo eine Brandschutzmauer haben und sagen, meine Daten gehören mir alleine. Und das war sehr früh in Zeiten, wo von Großrechenzentren umgestellt wurde auf vernetzte Systeme, war das Hauptproblem bei Gewerkschaften oder bei Diskussionen. Oh, das ist jetzt vernetzt, das ist Teufelszeug, weil was passiert jetzt mit den Daten? Und das setzt sich sofort. Das zweite ist, dass wir auf der einen Seite uns ein bisschen ausbremsen über einen falsch verstandenen Datenschutz und auf der anderen Seite total unterschätzen, was eigentlich diese Daten an Potenzial beinhalten, die wir einfach mal frei von uns geben. Da könnten wir jetzt tief reingehen, ich würde gern in die Richtung Klima gehen. Die Generation von Emil und auch meinen Kindern, um deren, wie soll ich sagen, Lebensgrundlagen, es sieht gerade nicht so gut aus. Also viele Menschen machen sich große Sorgen. Wie siehst du das? Na, ich sage, jede Generation hat ihre Herausforderung, das ist der erste wichtige Punkt. Die Welt wird nicht untergehen. Von dem bin ich ziemlich überzeugt. Sonst bräuchten wir das Gespräch heute nicht zu führen. Es ist so schönes Wetter draußen, wir würden mal was anderes machen. Aber ich glaube, wir stehen vor dem wahrscheinlich größten Umbau in der Geschichte der Industrialisierung. Wir haben, das muss man sich klar machen, eine gesamte Industrialisierung basiert auf Rohstoffe und auf fossile Brennstoffe. Kohle, Öl, Gas. Das waren die Motoren des Fortschritts im 19. und im 20. Jahrhundert. Und jetzt merken wir plötzlich, das geht nicht. Und das bedeutet, man muss umbauen. Und das Interessante ist, das funktioniert, nur man muss aus dem alten System in ein neues kommen. Und das ist nicht nur Technologie, das ist Denken. Das sind Machtstrukturen, die andere werden. Das ist eine Beharungskraft. Manche verdienen ja heute immer noch mit fossilen Energien zum Beispiel sehr viel Geld. Und versuchen das auch zu erhalten. Und genau, Beharungskraft. Also die wollen sozusagen immer noch im Alten bleiben. Und auf der anderen Seite, das Neue hat viele Verunsicherungen. Also Leute sagen, soll ich das wirklich machen? Traue ich mich? Hatten wir gerade erst richtig abgeholt, habe ich mitbekommen, wie dich eine Dame gefragt hat. Und du hast ja auch Argumente, du hättest für ein Elektroauto. Genau. Also ich habe mich überrascht, dass das noch so ein großes Thema spielt. Das ist ein großes Thema insofern, weil viel theoretisiert wird. Meine These ist, das wird sich sehr schnell ändern. Warum? Das eine ist nämlich theoretisch darüber reden, das andere ist rein praktisch merken, es geht. Und wenn du irgendwann siehst, dass nicht nur dein Nachbar links, sondern dein Nachbar rechts ein E-Auto hast. Und du fragst ja, wie geht das? Und der sagt super. Dann, glaube ich, wird man sehr viel schneller sagen, okay, das mache ich. Diese Lektionen haben wir immer wieder gelernt. Also ich erinnere mich an die Zeit zu Anfang der 90er Jahre, als das Internet aufkam. Einkaufen im Internet, das war heute selbstverständlich damals, ja wie, das kann man doch nicht machen. Bei wem überhaupt? Und da ist er nicht sicher und so weiter. Inzwischen diskutieren wir gar nicht mehr darüber. Und so ähnlich wird es auch sein mit solchen erneuerbaren Technologien. Das sehen wir ja teilweise in manchen Technologien auch schon. Also wenn ich mir jetzt die Entwicklung der erneuerbaren Energien angucke, die sind auf einem exponentiellen Pfad, was den Ausbau angeht, und auf einem exponentiell verringerten Pfad, sagt man das so, ich weiß nicht, was die Kosten angeht. Also neue Kraftwerke, da stellt sich diese Frage oft gar nicht mehr, mit was man das jetzt macht. Ja und das sieht man global. Also das ist ja oft das, wo Leute sagen, warum werden keine kleinen Kraftwerke gebaut. Ja ganz einfach, weil der Preis der erneuerbaren Energien so dramatisch gefallen ist, günstiger ist und weiter fällt. Also insofern ist es einfach rein ökonomisch die bessere Option. Da gibt es sich aber nicht bei allen Dingen, dieser rein ökonomische Ansatz. Soweit ich es zumindest bisher verstehe, vielleicht löst sich das auch noch durch zukünftige Technologien. Aber Fliegen zum Beispiel, soweit ich weiß, was die Hochrechnungen angeht, glaube ich nicht, dass wir an den Punkt kommen, wo wir zu den heutigen Preisen mit nicht fossilen Kerosin fliegen können. Ja natürlich, aber was wir auf der anderen Seite erleben ist, und da ist es eben wichtig, Dinge breit zu denken. Früher musste man wie oft von A nach B reisen, um ein Treffen zu haben, ein Meeting zu haben und so weiter. Und was machen wir heute, spätestens nach Corona? Wir machen eine Videoschalte und wir machen das ohne zu reisen. In meinem Fall sehr maximal, also ich zeige das im Vortrag, 2019 mein Flugfußabdruck, da komme ich sofort in die Hölle von Greta Thunberg zurecht, der ist dramatisch gefallen, nicht weil ich jetzt bewusst gesagt habe, oh Gott, nein, sondern weil ich einfach andere Optionen habe, Punkt eins und Punkt zwei, weil ehrlich gesagt die Lebensqualität sehr viel besser ist. Also so erotisch ist nun auch nicht das Warten in der Schlange am Sicherheits-Track im Flughafen, dass ich das brauche. Also insofern ein Fokus auf Lebensqualität und da wird die Generation E-Mail, glaube ich, sehr viel stärker drauf gucken. Das gilt genauso für Arbeit. Früher war Arbeit immer mit der sogenannten Domizilpflicht verbunden. Also du musst in die Firma kommen, der 9-to-5-Job. Heute gibt es zumindest in vielen Bereichen die Option zu sagen, ich arbeite von zu Hause, ich bin flexibel, war vor Corona undenkbar, wird heute zu einer oder ist eine Realität geworden. Also insofern sehen wir jetzt schon Veränderungen, die natürlich noch in ein paar Jahren oder Jahrzehnten nochmal anders sein werden. Wir haben jetzt ein paar technologische Veränderungen angesprochen, ein paar Verhaltensänderungen, auf die wolltest du glaube ich auch ursprünglich hinaus, das habe ich dir rausgehört. Siehst du bei den Verhaltensänderungen auch ein ähnliches exponentielles Verhalten, wie wir es bei den Technologischen sehen? Also Stichwort Erneuerbare? Ich glaube, da muss man immer unterscheiden. Das eine ist, es wird sehr viel medialisiert und manche glauben, wenn sie den kompostierbaren Coffee-to-go-Becher haben, dann sind sie schon ganz nachhaltig. Es ist auch so ein bisschen eine Vokabel geworden. Also alles ist heute nachhaltig und überall steht es drauf. Der Sticker ist überall drauf, ja. Manchmal wird auch gefuscht, also nach Corona, wenn du in ein Hotel kommst, steht da das Kärtchen und es heißt, ihr Zimmer wird nicht gemacht, wenn sie wollen, aus Nachhaltigkeitsgründen, was natürlich totaler Bullshit ist, sondern einfach aus Gründen, weil die keine Leute haben, weil es Personalmangel gibt. Also da wird viel gefuscht. Auf der anderen Seite ist es so, wir haben, glaube ich, oder wir stehen an der Schwelle, wo wir Narrative haben, die irgendwann sagen, okay, das geht und es geht gut. Also vorher war nachhaltiges Leben gekoppelt mit Verzicht, mit Einschränkung, das waren manchmal Leute, wo man sagte, hm, der ist aber echt anders als ich. Aber nach und nach sehen wir einfach, das funktioniert im Alltag, das funktioniert an vielen Stellen, das funktioniert mit "normalen Menschen". Also da, glaube ich, werden wir einiges erleben. Das Zweite ist, wir müssen uns immer klarmachen, der Weg in die Nachhaltigkeit ist nicht nur einer, der darauf beruht, dass wir jetzt Technologien verändern, es ist auch ein Mindset, es ist eine Kultur. Da sind wir natürlich immer noch ein bisschen verpestet von einer aggressiven Werbung, die uns ständig flüstert, du musst das kaufen, du musst hier kaufen, wenn du das Auto nicht hast, dann bist du keiner und und und. Wir dürfen es erst einmal erwecken, ne? Ja genau, also ich sage immer, du wirst gemöchtet, du möchtest nicht, aber du wirst gemöchtet, einen neuen Pulli zu kaufen oder sonst was. Und da müssen wir irgendwann sehr viel konsequenter die Frage stellen, was macht uns glücklich. Also wie viel CO2 muss ich produzieren, um glücklich zu sein? Wie viele Ressourcen muss ich verschwenden, um glücklich zu sein? Wo können normale Menschen, also so im Alltag, du und ich, eine Änderung durchführen, die den größten Hebel für das Leben, also einen positiven Hebel für das Leben von Emails Generation hat? Ich glaube, es geht nicht nur um eine Maßnahme, es geht um eine Gesamthaltung. Und die Gesamthaltung ist an der Stelle eine, die nicht mehr sagt, wir müssen, sondern wir wollen. Ich höre immer wieder in der Politik, ja wir müssen, müssen, müssen. Niemand möchte an der Stelle müssen, wollen. Nein. Aber wenn wir das Gefühl haben, hey, das bereichert unser Leben, das ist gut, wenn wir irgendwann mal aufhören, die alten Gesänge zu hören, die uns immer nur vorkaukeln, das wird nicht funktionieren, also Dunkelflaute und ja, die Lichter gehen aus. Also ich habe so oft gehört, die Lichter gehen aus, ja, wenn die Kernkraft verkauft, dann gehen die Lichter aus. Nix. Da im Grunde genommen proaktiv sein, aber proaktiv heißt auch, sich dafür interessieren, sich dafür engagieren, ja, auch ein Bewusstsein haben. In Deutschland kann die wahrscheinlich, wenn ich dir die Frage stelle, ich weiß nicht, ob du ein Auto hast, vermutlich, und ich würde dir die Frage stellen, ja, was ist denn der Verbrauch pro 100 Kilometer, dann wirst du mir eine Zahl nennen können. 14 Kilowattstunden. Ah, okay. Wenn ich dir dieselbe Frage stelle und ich sage, was verbraucht eigentlich dein Haus oder deine Wohnung pro Quadratmeter, dann fangen Leute an zu eiern. Da musst du erst mal runterrechnen, ja? Ah, da muss man erst mal runterrechnen und vielleicht in deinem Fall, ja, geht's noch, aber uns fehlt an der Stelle Bewusstsein. Und genauso im umgekehrten Sinne, ja, der Kern ist ein Bewusstsein dafür zu haben, auch im Sinne von, zum Beispiel, wie viel CO2 produziert dein Verbrenner. Wenn ich einem sagen würde, naja, wenn du fünfmal volltankst, dann produzierst du so viel CO2, wie dieses Auto wiegt. Wow. Wir sind alle ökologisch, aber diesen einfachen Zusammenhang kriegen viele Leute nicht auf die Kette. Ich kann es kurz abschätzen, weil das Benzin, also wenn wir nur mal, machen wir eine ganz schnelle Rechnung, du tankst, das sind etwa 50 Kilo, Diesel oder Benzin, das ist das C. Das O kommt aus der Luft. Atomgewicht C ist 12, O ist 16 mal 2. Das heißt, wir haben etwa ein Faktor 1 zu 4. Das heißt, 50 Kilo Benzin produzieren am Ende etwa 200 Kilo CO2. Und fünfmal volltanken heißt eine Tonne. Und da gibt es so viel groß und kleine Details. Und das ist für mich, wir sind wie Blinde, die uns jetzt auf eine neue Richtung orientieren sollen, aber der erste Schritt ist überhaupt mal eine Sensibilität dafür zu haben, zu sagen, gut, wo spare ich, was ist die wirkliche Ressource, wo verbrate ich Sachen. Und manchmal wird man überrascht, weil online ist ganz schlecht. Nein, unter Umständen gar nicht, weil dir ist nicht bewusst, dass wenn du mit dem Auto in die Stadt fährst und um ein Hemd zu kaufen oder keine Ahnung, eine Tüte Äpfel, dann ist die Umweltbilanz da größer oder schlechter, als wenn du die nach Hause liefern lässt. Und da im Grunde genommen nach und nach wirklich mal ein Verständnis dafür haben, ist der erste ganz wichtige Schritt. Zum Ende würde ich gerne noch einen leichten Schlenkerer machen, aber das geht in eine ähnliche Richtung. Ich habe gesehen, dass du für Dinge einstehst. Viel mehr, als ich das bei anderen Menschen wahrnehme. Das heißt, du nimmst an öffentlichen Appellen teil, bist teilweise Ersten Unterzeichner davon, du übernimmst Schirmherrschaften, zum Beispiel fürs DKMS. Das heißt, du setzt dich für Dinge ein, dabei ist es in der Regel viel leichter gegen etwas zu sein. Also für etwas zu sein erfordert Mut. Wie gehst du damit um, die richtigen Initiativen rauszufinden, bzw. wenn da was auf dich zukommt oder wie wählst du es aus? Gibt es da so eine Art Kriterienkatalog, damit du sicherstellst, dass dein Name nicht instrumentalisiert ist? Ich gehe meistens nicht so vor, dass ich an der Stelle so einen Filter habe, sondern das sind innere Bedürfnisse. Also wenn wir im Jahr 2024, nachdem die deutsche Geschichte nun wirklich im letzten Jahrhundert gemerkt hat, was Krieg bedeutet, immer noch im Grunde genommen in diesen Kategorien weiterarbeiten, finde ich das einfach erschreckend und furchtbar. Weil wir wissen alle, was Krieg heißt, also in diesem Land bestimmt. Dann bin ich einer, der sagt, es muss doch eine bessere Option geben. Aber wenn wir über Nachhaltigkeit reden und Leute sagen, das wird nicht funktionieren und sie kommen mit falschen oder fadenscheinigen Argumenten, dann gehöre ich schon zu denen, die sagen, hey, lasst uns das genauer angucken. Und der wichtige Punkt dabei ist auch nicht, ich verstehe mich nicht unbedingt als einen, der immer die Antworten liefert, weil die kenne ich vielleicht auch nicht. Aber viel wichtiger ist, die richtige Frage zu stellen. Also wirklich zu überlegen, haben wir die richtige Frage, ist das die wirklich richtige Frage? Und wenn wir über diese Veränderungen reden, glaube ich, ist der wichtigste Aspekt nicht Technologie, es ist Kultur. Und wir müssen uns klar machen, wir werden wahrscheinlich in dieser nächsten Generation einen unglaublich kulturellen Wandel haben, hin zu Dingen, die plötzlich wichtig werden und andere, die unwichtig sind. Die Architektur einer Stadt war in den 1970er Jahren das Auto wichtiger als der Mensch. Das kann jeder nachvollziehen, man schaue sich Innenstädter an, mit großen mehrspurigen Straßen, wo es schwer wird, weil sie die Stadt zerteilen. Heute merken wir so langsam, dass wir wirklich umdenken und sagen, nein, der Mensch steht wirklich im Mittelpunkt, nicht nur als nettes Logo. Und andere Sachen sind vielleicht in der Prioritätenskala nicht oben, sondern weiter unten. Aber das braucht einen Kulturwechsel und das ist sehr schwer, weil wir oft geprägt sind von Altem. Also ich bleibe bei der Mobilität. In meiner Kindheit gab es so ein Spiel, das nannte sich Autoquartett, kennt ihr dann. Also und da war immer, also das Auto hat mehr PS und schlägt den anderen, das Auto hat eine höhere Höchstgeschwindigkeit. Wir müssen so langsam anfangen, dieses Autoquartett umzudenken, neu zu schreiben. Weil das ist völlig absurd. Die Generation Emil wird irgendwann sich umdrehen und sagen, habt ihr sie noch alle? Und das geht viel weiter, das geht, wenn man unsere Landwirtschaft nimmt. Wir müssen so langsam wirklich auch dahinter fragen, was machen wir? Also werden meine Enkel irgendwann mir sagen, wie konntest du nur, keine Ahnung, ein Steak essen? Also wie habt ihr eigentlich damals Tiere behandelt? So wie wir unseren Vorfahren gesagt haben, wie konntet ihr Sklaven haben? Wie furchtbar, das kann man sich heute nicht vorstellen. Ich glaube, genau da gibt es so echt große Veränderungen. Und das sind nicht Veränderungen im Sinne von, man nimmt einem was weg, sondern man hat verstanden. Man wird vielleicht empathischer, man wird vielleicht sensibler, man wird am Ende vielleicht im besten Sinne zivilisierter. Das ist ein wunderbares Endwort. Ranga, ganz ganz herzlich, dass du da warst. Gerne auch. "Everything Changes" "Everything Changes" "Himanachban" wird produziert von der Beyond Content GmbH. Zu Gast war in dieser Episode Ranga Yogeshwar. Podcastbearbeitung von Tobias Weiland. Das Intro wurde eingesprochen von Lukas Herbert. Aufgenommen von Jörn Pessler im Architekturbüro Grimm-Nürnberg. Und moderiert von mir, Patrick Niedermeier. Wir freuen uns über Feedback und Bewertungen. Danke fürs Zuhören und macht ihr immer wieder bewusst, du wirkst auf deine Nachbarschaft. Maryland.