Wer schreibt denn sowas?

Richard Häusler
Since 09/2024 10 Episoden

Aufhören, Monopoly zu spielen

Wie Unternehmen die Welt nachhaltig verändern könnten

03.10.2024 20 min

Zusammenfassung & Show Notes

Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht. Der Traum vom Wachstumsfaktor „Nachhaltigkeit“ scheint zu zerplatzen. VW baut Stellen und Werke ab und die ersehnten E-Autos produzieren andere, allen voran China. Ohnehin gibt es kaum kleinere und erschwingliche Elektroautos, die die Energie- und Verkehrswende viel mehr unterstützen würden als teure und immer schwerer werdende E-SUVs. Stimmt es also vielleicht tatsächlich, was der Volkswirt und Unternehmensberater Frank Thun in seinem Buch „Unternehmen in Grün“ die „unerhörte Ambitionslosigkeit der heutigen Unternehmen“ nennt. Und trifft es vielleicht besonders auf die Situation in Deutschland zu? 

Wir präsentieren Bücher, die die Welt verbessern könnten – wenn sie die richtigen Leser finden. Unser Podcast „Wer schreibt denn sowas?“ bringt Ihnen deshalb Autoren und Autorinnen neuer spannender Titel aus vielen Bereichen unserer Gesellschaft ganz nah. Kritisch, prägnant und lebenspraktisch. 

Angesichts der erkennbaren planetaren Grenzen unseres heutigen Wirtschaftens und Wachsens beklagt der Volkswirt, Manager und Organisationsberater Frank Thun die „unerhörte Ambitionslosigkeit der heutigen Unternehmen“. Die allermeisten Unternehmen spielten heute immer noch Monopoly. „Sie spielen, auch organisatorisch gesehen, ein Spiel des Besitzes. Des Habens und des Nichthabens. Der Macht und der Ohnmacht. Des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Des Gewinns und der Kosten. Eine Welt des Geldes, der Quantität. Es ist die Welt der einfachen Erklärungen, der vielen Güter und der wenigen Werte, der wenigen Gewinner und der vielen Verlierer.“ Der Autor des Buches „Unternehmen in Grün“ hält das für – ökologisch ebenso wie sozial – ruinös.
Zumal längst bekannt ist, wie es anders gehen könnte. Wie man also Unternehmen so führen kann, dass es einerseits nicht nur um Profit geht, und andererseits nicht eine Managementhierarchie allein über die Organisation bestimmt. Ausführlich benennt Thun die Organisationsprinzipien und Managementmethoden, die schon heute von progressiven Unternehmen genutzt werden, um Macht demokratisch zu verteilen, Selbstorganisation zu fördern und zielgerichtetes Handeln im Unternehmen zu verbreitern. 

Damit Unternehmen auf ganzer Linie zu Bewahrern unserer ökologischen Lebensgrundlagen werden und auch sozial lebensdienlich operieren, müssen für Frank Thun allerdings drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Unternehmen müssen sich selbst Ziele setzen, die das gesellschaftlich Wünschenswerte ebenso hoch bewerten wie den Profit.
  • Der Staat muss viel fordernder auftreten und der Wirtschaft „sektorale und sogar unternehmensspezifische Missionen“ vorgeben, die nachhaltige Ziele verfolgen.
  • In den Unternehmen müssen interne „Wächter“-Funktionen etabliert werden, um eine demokratische Kontrolle und Legitimierung des Unternehmenshandelns zu ermöglichen.
Der Autor betont, dass dies keinem Systemwechsel in Richtung planwirtschaftlicher Steuerung entspräche, sondern in jeder Hinsicht nur eine Erweiterung und konsequente Fortsetzung bestehender Ansätze. Ein stärkeres staatliches Engagement zum Beispiel sei nichts grundsätzlich Neues. Thun schreibt dazu: „Ohne Zweifel bedeuten Missionen eine aktivere Industriepolitik, als wir das bisher in Deutschland gewohnt sind. Aber Frankreich, Japan und China betreiben seit Jahrzehnten eine sehr viel aktivere Industriepolitik als Deutschland, und auch die USA unter Joe Biden und die EU unter Ursula von der Leyen sind in den letzten Jahren deutlich wahrnehmbar auf diesen Pfad eingeschwenkt.“

Und veränderungsbereite Unternehmen praktizieren heute bereits das, was unter dem Schlagwort “neoinstitutionalistische Organisationstheorie“ als Klammer sozial verantwortlicher Managementpraktiken diskutiert wird. Dazu gehört z.B. die Ablösung von Managementhierarchien durch sogenannte Kreisorganisationen, die „eine Fusion aus Hierarchie, Demokratie und selbstorganisiertem Netzwerk“ darstellen. 
Was nötig ist, um aus solchen Ansätzen ein umfassendes „ethisches Wirtschaftssystem“ entstehen zu lassen, erläutert Frank Thun an diesem Abend. 

Die Schnittmenge zwischen Unternehmen und Ökologie ist hässlich. Unternehmen zerstören die Welt. Sie produzieren oft sinnlose Dinge und kennen nur ein Ziel: mehr Profit. Dieses Buch beschreibt eine Alternative: Unternehmen, in denen verantwortliches Handeln von außen verlangt wird und von innen heraus entsteht. Ein Systemwechsel im Inneren der Unternehmen. Wir sollten Betriebswirtschaft, Gesellschaft und Ökologie miteinander verbinden.